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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik

Kurt-Tucholsky-Preis 2007 an Lothar Kusche und Otto Köhler

Lothar Kusche und Otto Köhler. Quelle: privat.
Lothar Kusche und Otto Köhler. Quelle: privat.

(in hoher Auflösung)

Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft vergibt den mit 3000 € dotierten Kurt Tucholsky-Preis für literarische Publizistik zu gleichen Teilen an Lothar Kusche und Otto Köhler. Sie erhalten den Preis für ihr Lebenswerk.
Die Begründung der Jury:

Lothar Kusche, seit nunmehr sechzig Jahren Feuilletonist, Redakteur und Kabarettautor, hat die DDR 40 Jahre lang satirisch begleitet und kommentiert.
Durchaus in der Tradition Tucholskys stehend, haben Kusches urwüchsiger Humor und die spöttisch-zweifelnde Ironie des gebürtigen Berliners in zahllosen Texten und unter etlichen Pseudonymen ihren Niederschlag gefunden. Seit 1950 war er ständiger Mitarbeiter und zeitweise auch Redakteur der „Weltbühne“ und hat wesentlich zu deren misstrauisch beäugter Popularität in der DDR beigetragen. Kusche ist auch nach der Wende ein kritischer Beobachter und Kritiker unserer Zeit geblieben, dessen in zahlreichen Büchern gesammelte Feuilletons den Lesern heute wie schon vor fünfzig Jahren mehr als nur Spaß bereiten.
Otto Köhler hat die vielfach verschwiegene, verleugnete, verdrängte und gerade deswegen nicht überwundene Nazi-Vergangenheit bundesdeutscher Eliten und Institutionen aufgedeckt und damit zu einer Auseinandersetzung beigetragen, die für eine demokratische Neugestaltung der Gesellschaft unerlässlich ist. Mit seiner glasklaren, nie von Betulichkeit getrübten Sprache ist er als scharfer Sprach- und Medienkritiker in der Bundesrepublik zu einem gefürchteten und bewunderten Gesellschaftskritiker in der Nachfolge Tucholskys geworden.

Lothar Kusche
geboren am 2. Mai 1929 in Berlin-Neukölln, ist ein deutscher Feuilletonist, Schriftsteller und Satiriker.
Kusche begann seine Laufbahn 1947 bei Zeitschriften wie „Ulenspiegel“, „Fuffzehn“ und „Frischer Wind“ als Redakteur und schrieb später für den „Eulenspiegel“ zahlreiche satirische Texte. Besonders verbunden war er mit der DDR-„Weltbühne“, für die er seit 1950 schrieb und als deren stellvertretender Chefredakteur er auch für einige Zeit wirkte. Seinem Vorbild Kurt Tucholsky verpflichtet arbeitete Lothar Kusche bei der „Weltbühne“ unter verschiedenen Pseudonymen, unter denen er Texte ganz unterschiedlichen Charakters, die aber stets den satirischen Einschlag nicht verkennen ließen, veröffentlichte.
Seine Geschichten, Feuilletons und Reisereportagen erschienen in zahlreichen Sammlungen, wie Das bombastische Windei, Käse und Löcher, Überall ist Zwergenland, Die Patientenfibel, Wie man einen Haushalt aushält und Was hat Napoleon auf St. Helena gemacht?. Die Gesamtauflage seiner Bücher beträgt mehr als 2,5 Millionen. Daneben schrieb Kusche für das Berliner Kabarett Die Distel sowie Szenarien für zahlreiche Filme, in denen er gelegentlich auch mitspielte.
Seit 1998 arbeitet Lothar Kusche vorrangig für den „Weltbühnen“-Nachfolger „Ossietzky“, für den er auch unter dem inzwischen bekannten Pseudonym Felix Mantel seine sprachkritische Rubrik „Press-Kohl“ fortsetzt.
Dankesrede von Lothar Kusche.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Quer durch England in anderthalb Stunden. Illustrationen von Elizabeth Shaw. Berlin, Aufbau Verlag, 1961
Überall ist Zwergenland. Berlin, Aufbau Verlag, 1960
Eine Nacht mit sieben Frauen. Geschichten und Feuilletons. Berlin, Aufbau Verlag, 1964
Lothar Kusche’s Drucksachen. Geschichten, Feuilletons und Satiren aus zwei Jahrzehnten. Illustrationen von Klaus Vonderwerth. Berlin, Eulenspiegel Verlag, 1976
Donald Duck siehe unter Greta Garbo. Einige Stichworte über Nordamerika. Illustrationen von Thomas Schleusing. Berlin, Eulenspiegel Verlag, 1981
Kein Wodka für den Staatsanwalt. Berlin, Aufbau Verlag, 1967
Der Mann auf dem Kleiderschrank. Geschichten und andere Späße. Berlin, Eulenspiegel Verlag, 1985
Nasen, die man nicht vergißt. Illustrationen von Elizabeth Shaw. Berlin, Eulenspiegel Verlag, 1987
Das verpaßte Krokodil. Geschichten und Feuilletons. Illustrationen von Klaus Vonderwerth. Berlin, Verlag Tribüne, 1988
Wo die Rosinenbäume wachsen, Berlin, Eulenspiegel Verlag 2004
Otto Köhler
geboren 10. Januar 1935 in Schweinfurt, ist ein deutscher Journalist und Publizist.
Köhler studierte von 1953 bis 1963 Philosophie, Germanistik, Geschichte und Volkswirtschaft in Würzburg und West-Berlin. Parallel arbeitete er für die „Andere Zeitung“, den „Vorwärts“, „konkret“, den RIAS und „Die Zeit“. Von 1963 bis 1966 war er Redakteur beim Satiremagazin „Pardon“, anschließend bis 1972 Medienkolumnist beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Danach Mitarbeiter beim Magazin „Stern“, der Gewerkschaftszeitung „metall“, dem WDR und wieder bei „konkret“ und der „Zeit.
Heute tätig für die Wochenzeitung „Freitag“ und die Tageszeitung „junge welt“ und die Zweiwochenschrift „Ossietzky“, deren Mitherausgeber er ist.
Köhler lebt bei Hamburg. Seit 1963 ist er mit der Schriftstellerin Monika Köhler verheiratet.
Auszeichnungen
Deutscher Journalistenpreis 1963 für die „Zeit“-Reportage „Würzburg, dein Lied will ich singen“
Deutscher Journalistenpreis 1983 für den „konkret“-Beitrag „IG Farben – Geschichte einer bürgerlichen Vereinigung“
Buchveröffentlichungen:
Kongo-Müller oder Die Freiheit, die wir verteidigen. Frankfurt 1966
…und heute die ganze Welt. Die Geschichte der IG Farben und ihrer Väter. Hamburg 1986
Wir Schreibmaschinentäter. Köln 1989
Die große Enteignung. Wie die Treuhand eine Volkswirtschaft liquidierte. München 1994
Unheimliche Publizisten. Die verdrängte Vergangenheit der Medienmacher. München 1995
Rudolf Augstein. Ein Leben für Deutschland. München 2002