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Tucholsky im Spiegel [August 2017]

Unter dem Motto

Entspanne dich. Lass dass Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.

hat erfreulicherweise das Café Tucholsky in der Kurt-Tucholsky-Straße 30a in Rheinsberg, direkt am See gelegen, wieder eröffnet. Von April bis Oktober täg­lich außer Dienstags von 12.00 bis 19.00 Uhr. info@tucholsky-cafe.de / Tel. 033931 34370
Auf eine Übernachtung warten die beiden schönen Dachgeschossferienwoh­nungen mit Seeblick »Wölfchen« und »Claire«.
Buchung der Ferienwohnung unter: Tel. 033931/3440 oder unter: http://bit.ly/2vG2okS bzw. http://bit.ly/2pzMNyA.
Das Mindener Tageblatt, Nr.126, vom 01.06. 17, S. 30, gratuliert unserem ersten Preisträger (1995) wie folgt:

Rebell, Poet
Konstantin Wecker wird 70
…Wecker heimste viele Preise ein, darunter die Medaille »München leuch­tet«, den Kurt-Tucholsky-Preis und mit Eugen Drewermann den Erich-Fromm-Preis.

In Hannover erscheint monatlich das Magazin Asphalt. Das Prinzip dieses Maga­zins lautet:

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Bio­graphien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksals­schläge, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ih­rem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Ein­richtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zu­wendung.

In der Juni-Ausgabe wird auf Seite 11 unter der Rubrik »Wer war eigentlich…WALDEMAR BONSELS?« das Leben dieses Mannes, der von 1880 bis 1952 lebte und unter anderem dadurch bekannt geworden ist, dass er das Buch »Biene Maja« schrieb, in dem er die Entwicklung Majas von der Anarchistin zu einem staatsbewussten Individuum, »vom Abenteurer zum Bürger«, so sein Biograph Bernhard Viel, aufzeigt.
Der Verfasser des Asphalt-Artikels, Gerd Schild, bezeichnet Bonsels als Anhänger des Kaiserreichs, Opportunisten und Antisemiten, wenn – soweit wieder der Biograph – wohl auch kein glühender Nazi-Anhänger. Seine schriftstellerischen Fähigkeiten beschreibt der Verfasser wie folgt:

Will man Bonsels freundlich beschreiben, kann man ihn als Karrierist ab­tun, als einen begabten Schriftsteller, extrem fleißig und wandlungsfähig, der seinen Stil an eine erhoffte Leserschaft anpassen konnte. Er war ein Prahlhans, aber kein Dandy, denn Bonsels war ein fleißiger Autor. […] Er war beliebt, besonders im Bürgertum.
Ein stilbildender Autor war er nicht. Und den eitlen Schriftsteller hat es sicher arg gekränkt, als er etwa von Kurt Tucholsky für seine »Trostlitera­tur« verspottet wurde.

Unter der Überschrift »Tucholsky-Symposium Rheinsberg« berichtet unser lang­jähriges Vorstandsmitglied Wolfgang Helfritsch in Ossietzky, H. 12/17, S. 425ff., über eine Tagung in Rheinsberg unter anderem wie folgt:

Angejahrte Tucholsky-Fans und begeisterte Eleven des Opernfaches, Lite­raturwissenschaftler, Autoren, Komponisten, Publizisten und Satiriker tra­fen sich zur Begutachtung und Diskussion eines bisher einmaligen Projek­tes, das als Oper »Tucholskys Spiegel« am 21. Juli in der Kammeroper sei­ne Premiere erleben wird. Wenn sich dann nur einiges von der begeister­ten, nicht unkritischen Atmosphäre des Symposiums auf die Bretter über­trägt, ist der Erfolg vorprogrammiert […]
Am zweiten Konferenzabend wurde das Symposium durch ein eindrucks­volles musikalisches Programm bereichert. Die »Tour de Rheinsberg« startete in der »Musikbrennerei«, einer von Jane Zahn und dem Komponis­ten Hans-Karsten Raecke begründeten kleinen Aufführungsstätte für groß­artige Kunst. Vormals hatte das Haus anderen spirituellen Genüssen ge­huldigt (Schnapsbrennerei). Zahn und Raecke gestalteten »Musik für Kurt«. In Anlehnung an Bach und Eisler bis zu Heiner Müller verblüfften der Komponist und seine Solistin nicht nur durch eigene Kompositionen, sondern auch durch den Einsatz selbstentwickelter Instrumente wie der Orionharfe.

»Ins Gehirn des Monsters« ist ein Artikel im Mindener Tageblatt, Nr. 142, vom 22.06.17, S. 10, überschrieben, in dem der Komponist und Dirigent Manuel Rös­ler aus Berlin über seine Twittermonologe berichtet.
Dabei geht es in Anlehnung an die von Hans Eisler in den 20er-Jahren vertonten Zeitungsannoncen um Vertonung von Tweets des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. So hat Rösler einen Tweet gegen einen kritischen Fernsehmode­rator, für den Trump 22 Minuten brauchte, vertont, dabei auch die Recht­schreibfehler eingebaut und die Musik amerikanischer Nachrichten persifliert. In Röslers Augen verhält sich der amerikanische Präsident »wie ein 5-jähriger im Körper eines 71-jährigen«. Es heißt dann weiter:

Er [Rösler – B.B.] möchte in seinen Kompositionen weder als Verteidiger noch als Gegner des Präsidenten auftreten, obwohl er weiß, dass er nicht neutral sein kann. Privat sei er Gegner. Als »künstlerisches Ich« möchte er sich aber in das »Gehirn des Monsters« versetzen können, um zu ergrün­den, was den Mann eigentlich antreibt, oder, frei nach Tucholsky, ob es hinter dem Lärm, den er macht, einen Menschen gibt.

Hatte sich Tucholsky zu Lebzeiten häufig kritisch zur SPD geäußert, sind jetzt auch mal DIE GRÜNEN/Bündnis 90 »dran«, wenn auch nur in einem Leserbrief von Wolfgang Siedler, Berlin, in der Berliner taz vom 24./25.06.17, S. 33:
betr. »Perfekt inszeniert, tief verunsichert«, taz vom 19.6.17

Die Grünen sind in der Mitte angekommen. »In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.« (Tucholsky) Wie viele Mittelwähler wohl grün wählen? Drei Prozent, fünf Prozent? Wir werden sehen!
Anmerkung: Ein weiteres Beispiel für eine Falschzuschrift. Tatsächlich stammt das Zitat vom barocken Epigrammatiker Friedrich von Logau (1605-1655).

In Süddeutsche Zeitung Magazin, Nr. 28 vom 14.07.17, S. 28, wird unter der Über­schrift »Dufte!« für verschiedene Modeartikel, Accessoires und Kosmetika gewor­ben, die sich alle um den Tucholsky-Schnipsel

Das beste Gedächtnis hat bekanntlich die Nase

gruppieren. Ob Tucholskys Nase allerdings auch Bekleidungsstücke und Saft­pressen in sein Gedächtnis transportieren konnte, sei dahingestellt, könnte aber eventuell Interesse für ein neues Forschungsprogramm wecken.
Mein Dank gilt mal wieder unserem Mitglied Gerhard Stöcklin. Sämtliche Arti­kel sind wie immer über die Geschäftsstelle abrufbar.

Bernd Brüntrup

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