Rundbrief der Kurt Tucholsky-Gesellschaft
- Dezember 2003-

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1. Bericht über die KTG-Tagung 2003
2. Festakt im Deutschen Theater
3. Stimmen zur Tagung
4. Zum Tode Michael Hepps
5. An den "Zeit"-Leser Kurt Tucholsky
6. Treffen der Sektion "Schwarzwald"

 

 
  "Ein wahnwitzig gewordenes Dorf"

Ein Tagungsrückblick von Frank-Burkhard Habel

Kurt Tucholsky war ein Weltbürger, war in der Schweiz zu Hause wie in Schweden, und vor allem in Frankreich, aber als Weltbürger war er doch Berliner. Bei allem, was er schrieb, konnte er seine Herkunft schwer verleugnen - und er wollte es auch nicht. Er nannte seine Heimatstadt "ein wahnwitzig gewordenes Dorf", und das war auch das Motto der diesjährigen KTG-Tagung, bei dem das Berlin im Mittelpunkt stand, von dem Tucho geprägt wurde, und das er auch selbst prägte. In dem Einführungsvortrag, den Prof. Dr. Wolfgang Triebel über das wilhelminische Berlin hielt, wurde deutlich, welche Eindrücke Tucho beeinflussten.

Einen sehr interessanten, in die Gegenwart weisenden Vortrag hielt Dr. Susanna Böhme-Kuby, in dem sie Tucholskys Gedankenwelt zu Theorien ins Verhältnis setzte, die Schriftsteller und Philosophen nach ihm vertraten. Hier mochte nicht jeder der Referentin folgen, und es war gut, dass sich Zündstoff für eine Diskussion bot. Jan Eik sprach sehr anekdoten- und kenntnisreich über Kriminalfälle zu Tucholskys Zeit und konnte dabei einige Legenden über die Berliner Unterwelt ausräumen.

Dr. Kurt Wernicke, der, wie er selbst bemerkte, mit einer Feldwebelstimme ausgestattet ist, beeindruckte durch neue Fakten, die er in mühevoller Recherche über Tuchos Lehrjahre, vor allem seine Gymnasial- und Gymnasiastenprobleme zusammengetragen hatte. Dr. Wernickes Organ kam ihm zugute, als er am Nachmittag gemeinsam mit Wolfgang Feyerabend die Tagungsteilnehmer durch den Verkehr in Berlins Mitte führte und Tuchos Schulweg rekonstruierte. Auch erfuhr man über die geschichtsträchtigen Bauten in Berlins Zentrum Details, die manch Berliner noch nicht kannte, auch Dank der Theaterspezialistin Dr. Ruth Freydank, die den beiden Stadtführern freiwillig assistierte.

Am Abend gab es eine Programmänderung, die unverhofft zu einem der Höhepunkte der Tagung wurde. Anstelle des vorgesehenen Stummfilms über den Detektiv Coletti lief ein Kompilationsfilm der Historikerin Irmgard von zur Mühlen über das Berlin der Kaiserzeit. Unbekannte Filmaufnahmen und Zeitzeugenberichte schufen ein beeindruckendes Bild der Stadt Berlin in Tuchos jungen Jahren, und man sah Künstler im bewegten Bild, die sonst nur von Fotos und aus Tucholskys lebendigen Beschreibungen bekannt waren, wie Heinrich Zille oder Josef Giampietro.

Obzwar der Berichterstatter nicht alle Veranstaltungen der Tagung wahrnehmen konnte, so war der Erkenntnisgewinn doch beträchtlich, und das Vergnügen am wahnwitzigen Berlin war am Ende noch größer als schon zu Beginn.


 
  "Gu'n Tag, du Metropole"
Festakt im Deutschen Theater zur Verleihung des Kurt Tucholsky Preises an Wolfgang Büscher

Am Sonntag klang im Deutschen Theater die Tagung der KTG mit einer Matinee zur Preisverleihung des Kurt Tucholsky-Preises aus. Unter der Regie von Volker Kühn sprachen und sangen im ersten Teil Katherina Lange, Robert Gallinowski und Udo Kroschwald, begleitet vom Pianisten Uwe Hilprecht, Texte zum Tagungsthema "Berlin - ein wahnsitzig gewordenes Dorf". Teilsweise gesungen, teilweise szenisch gesprochen, verdeutlichten die Schauspieler meisterhaft Tuchos ambivalentes Verhältnis zu seiner Heimatstadt. Von melancholisch bis humoristisch, von verspielt bis sozialkritisch reichten die ausgewählten Stücke, die im schlichten Bühnenbild mit minimalistischer Requisite zu Gehör gebracht wurden.

Nach einer kurzen Pause hielt Literaturwissenschaftler, Redakteur und Generalsekretär des PEN-Zentrums Deutschlands, Wilfried F. Schoeller die Laudatio auf den diesjährigen Preisträger Wolfgang Büscher. Büscher, Politik-wissenschaftler und Journalist, unter anderem beim "Spiegel", bei "Geo" und bei Magazinen der "Süddeutschen Zeitung" und der "Zeit". 1998 wurde er Reporter bei der Tageszeitung "Die Welt" in Berlin. Seit 2002 ist er Ressortleiter von "Reportagen und Magazine". 2002 wurde er mit dem Theodor-Wolff-Journalistenpreis ausgezeichnet. Wolfgang Büscher erhielt den Tucholsky-Preis für seine literarische Reportage "Berlin-Moskau. Eine Reise zu Fuß", die im März 2003 im Rowohlt-Verlag erschien. Aus der Begründung der Jury:

"Auf einer Fußreise von 82 Tagen hat Wolfgang Büscher mit untrüglichem Spürsinn für den Humor des Grotesken und den Witz des Absurden einen riesigen Raum voller Abenteuer und historischer Reminiszenzen erkundet. Dieser Reporter hat sich einer Abenteuer- und Parzivalprobe ausgesetzt. Büscher bewegt sich damit auf der Gegenrichtung unserer routinierten Aufmerksamkeit - als fußläufiger Souverän im Geschichtsatlas, dessen Ostseiten wir nur zu gerne überblättern."

Der mit 3000 Euro dotierte Preis wurde getragen von der KTG und der Kurt Tucholsky-Stiftung in Hamburg. Büscher ist außerdem für den deutschen Bücherpreis nominiert, der im kommenden Frühjahr verliehen wird.

Nach dem zweiten Teil des Festaktes fand man sich auf Einladung der KTG zu einem Buffet im Keller des Deutschen Theaters ein, wo in gemütlicher Atmosphäre die gesamte Tagung ausklang.


 
  Stimmen zur Tagung


In diesem Jahr haben einige Teilnehmer sehr interessante Rückmeldungen zur Tagung an den Vorstand gesandt, die Ihnen nicht vorenthalten werden sollen. Vielleicht lässt sich auf diese Weise noch ein tieferer Einblick in die Atmosphäre der Tagung erreichen.

"Natürlich hatte ich eine gute Tagung erwartet. Als ich dann aber im August die Vereinsnachrichten las und "hinreichend über die fehlenden Gelder aufgeklärt" worden bin, wurde mir, offen gestanden, angst und bange. Dementsprechend schraubte ich meine Erwartungen ziemlich tief, wurde aber angenehm überrascht. Ja, das war wieder eine gute und interessante Tagung. Schon der Eröffnungsnachmittag war lebendig, farbig und eigentlich aufregend. Es wurde endlich wieder debattiert! Und einem emeritierten Museumsrat, Herrn Dr. sc. Kurt Wernicke, hat die KTG neue Erkenntnisse über Tucholskys schwere Jahre in den wilhelminischen Gymnasien zu danken! Hoffentlich finden sich bald jüngere Adepten, die auf dieser neu entdeckten Fährte weiterforschen. Viel zu lange haben wir alle uns in der Ost-West-Spannung von Tucholskys viel zu wenig erforschter Einbindung in das Judentum und von den Quellen seiner Opposition gegen den Kaiser ablenken lassen."

Roland Links

"Herzlichen Dank für die eindrucksvollen Tage, welche ich in Berlin mit der KTG verbringen durfte. Es war sehr nett, Sie und die KTG-Mitglieder kennenzulernen. Ich werde mich sehr darüber freuen, Euch alle noch einmal sehen zu können."

Marta Vodicková

"Konferenzen dieser Art leiden oft unter zu großer Fülle von vorbereiteten Beiträgen, so dass es kaum zum Gespräch zwischen den Anwesenden kommt. Die gute Mischung der verschiedenen Detailthemen und die durchgehend interessante Darstellung der Einzelfragen hat der Tagung so viel Lebendigkeit gegeben, dass wohl nur wenige Teilnehmer das Bedürfnis verspürten, über jedes Problem noch zusätzlich zu diskutieren. Wichtig war m.E., dass junge Nachwuchswissenschaftler ihre Forschungsvorhaben und z.T. Ergebnisse vorstellen konnten, und ebenso war es gut, dass andere jüngere Teilnehmer nach der Aktualität der Schriften und Dichtungen Tucholskys gefragt haben. Genau das war ja - jedenfalls in meinem Verständnis - der eigentliche unaufdringlich angelegte Gegenstand der Tagung. Die Diskussion hierzu war für mich insofern erfreulich, weil niemand versuchte, seine Meinung als die letztlich gültige zu offerieren, sondern am Ende neue Nachdenklichkeit erreicht wurde. Mit einem Wort: Mir hat es sehr gut gefallen, und ich hoffe, dass mein Eröffnungsvortrag zu dieser neuen Nachdenklichkeit beigetragen hat, denn wenn man Tucholskys Warnungen vor militanten Tendenzen in seiner Zeit ernst nimmt, drängt sich zu heute auf: wie sich die Bilder gleichen."

Wolfgang Triebel

"Ich möchte mich bei Ihnen ganz herzlich für die Möglichkeit bedanken, die Ergebnisse meiner Arbeit zu präsentieren. Die Tagung hat mir viel Spaß gemacht und mir eine Menge Anregungen gegeben. Während der Tagung hatte ich wirklich das gute Gefühl: die Mühe hat sich gelohnt - und das ist wahrscheinlich das Schönste, was ein Forscher sich nach getaner Arbeit sagen kann... Vielen Dank!"

Alexander Solloch


 
  Zum Tode Michael Hepps

Eine Danksagung von Roland Links

Am 7. September ist Michael Hepp nach sehr schwerem Leiden dem Krebs erlegen. Michael Hepp ist zu danken, dass die Kurt Tucholsky-Gesellschaft 1993 ihrer Auflösung entgangen ist und dann, mit ihm als immer wieder gewähltem Vorsitzenden, ein halbes Jahrzehnt lang von sich reden machen konnte. Vor allem ihm ist der Kurt Tucholsky-Preis zu danken, der nun alle zwei Jahre im Deutschen Theater in Berlin verliehen wird. Im Jahre 2001 erhielt ihn Harry Pross; Walter Jens war sein Laudator. Professor Pross, den Peter Glotz in der Süddeutschen Zeitung als "großen Intellektuellen" apostrophierte, hat Michael Hepp am 19. September in Bremen die letzte Ehre erwiesen.

Bekannt geworden ist Michael Hepp, seit er - respektlos gegenüber der Forschungsliteratur -"Biographische Annäherungen" an Kurt Tucholsky wagte (erschienen im Rowohlt Verlag 1993). In jahrelangen intensiven Recherchen hatte er einige Lücken im vorhandenen Wissen entdeckt. Vor allem diese Lücken motivierten ihn zu mehreren wissenschaftlichen Colloquien, die er im Rahmen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft anregte, meisterhaft vorbereitete und organisierte. Schließlich betreute er auch die Tagungsbroschüren und gab sie im Auftrag der KTG heraus. Dass bei all diesen Veröffentlichungen auch andere Namen auftauchen, mindert seine Leistung nicht. Ich kann bezeugen. dass er ein großes Talent für Teamarbeit hatte, Gespräche zu führen verstand, in denen sich komplizierte Zusammenhänge klärten und Widersprüche lösten. An fast allen diesen Gesprächen habe ich als Mitglied des Vorstandes der KTG teilgenommen. Immer haben sie mich angeregt. Dankbar denke ich auch an Michael Hepps Beitrag zur Tucholsky-"Gesamtausgabe" und an sein politisches Engagement. Als er zusammen mit Victor Otto unter dem Titel "Soldaten sind Mörder" ein voluminöses Buch herausgab, ging es ihm nicht nur um die im Titel genannte Dokumentation einer Debatte, sondern aus ganzem Herzen um den Frieden in dieser Welt.

Am Grabe von Michael und Britta Hepp
Von Prof. Dr. Harry Pross
Bremen, 19. 9. 2003

I
In der gegenwärtigen Inflation der Begriffe von Freundschaft scheint mir richtig, am Grab von Michael und Britta Hepp an die alte Weisheit zu erinnern, daß Sein und Haben unterschiedliche Facetten der menschlichen Person sind, nicht aber deren Gesamtstruktur. Freunde soll man um ihrer selbst willen lieben, nicht um die Vorteile, die sie bringen, so wie sind, nicht darum, was man von ihnen hat.

Um 1303 hat ein Dominikanermönch in Erfurt, Magister Eckehart gepredigt: "Hätte ich einen Freund und liebte ich ihn darum, daß mir Gutes von ihm geschehe, so liebte ich nicht meinen Freund, sondern mich selbst." In jener Zeit hörten Päpste und Kaiser auf, Kreuzzüge gegen "Ungläubige" ins "Heilige Land" zu organisieren und fingen an, einheimische Hexen zu verbrennen, um das Böse auszutreiben. Das Verfahren war volksnäher und zudem billiger. Konnte es schon den Zauberverkehr mit heidnischen Göttern und Dämonen nicht unterbinden, so schreckte es doch die "Ketzerei".

II
Dieser Tage übertragen andere Kreuzfahrer ihren Glauben in die elektronisch vernetzten Haushalte dieser Welt. Sie verkünden, die Supermacht USA sei von der Vorsehung bestimmt, sie habe ein "manifest destiny" zu expandieren, wo immer Kapital profitieren kann. Wer sich widersetzt und alten Göttern anhängt, wird der "Achse des Bösen" zugerechnet. Eckehart's Appell, die Mitmenschen als solche zu achten, verhallt in monströsen Exerzitien der Weltmacht, Völker zur Knetmasse des Kapitals umzuformen. Nicht zufällig spielt der Landbau eine Kampfrolle.

Dieser reaktionäre Trend ist nicht aussichtslos. Kreuzzüge und Hexenprozesse haben nach aussen wie nach innen die Scheu der Menschen voreinander in religiös fundiertem Argwohn überliefert. Chronische Missbildungen des Bewusstseins degenerieren die Freiheit des Zusammenlebens.

Wo das zuverlässige Gespräch zwischen Gegnern nicht mehr möglich ist, regiert brachiale Gewalt. Wo der Handschlag nichts mehr gilt, herrscht der Fußtritt - wie nicht zuletzt der Umgang mit Fremden beweist. Nach zwei Weltkriegen und in einem diffusen dritten regieren nicht die Regierungen, sondern die Angst. Fluchtwege auf tropische Inseln sind versperrt. Alte Gemäuer schützen nicht mehr. Welchem Weg ist noch zu trauen? Nicht um diese, nicht um jene Ecke. Wem vertrauen? Freund Michael war die Entwicklung wohlbekannt. Seit wir uns kennenlernten, wurden wir über die Altersdifferenz hinweg zu Freunden.

III
1949 in München geboren, wird Michael wohl im Stadtteil Laim ein rechter Lausbub gewesen sein -, wenn er seine Erzählungen nicht übertrieben hat. Er entzog sich der Schule und erlernte das Handwerk eines Schriftsetzers. Der Junge atmete dabei den Stallgeruch europäischer Kulturgeschichte. Er musste lernen, sie zu buchstabieren. Schrift und Druck entscheiden als korrekte Formen über den Wahrheitsgehalt ihrer Inhalte. Von der Graphik ist es nicht weit zum richtigen Bild. Zu den Wurzeln ging Michael als Lektor von Kinderbüchern zurück. Buchstaben für Buchstaben, Bild für Bild, Zusammenhänge ergründen, Widersprüche erkennen, das schwierigste Geschäft. Ein Biograph von Michael müsste auch seine Kunststadt München rühmen, nicht nur "Jugend" und "Simplizissimus" sehen und die Abwege des Kunstmalers Hitler begreifen, sondern erzählen, wie er und Britta am Ende sich ihr Haus in Hude voll Buch und Kunst selbst angemessen haben. Zu erwähnen wäre, daß der junge Tucholsky seine literarische Laufbahn mit einer Kunstkritik am Geschmack Wilhelms II begonnen hat. Politik und Kunst ...

Für den Jahrgang 1949 wurde eine andere Feststellung wichtig. Als Michael zehn Jahre zählte, 1959, diagnostizierte der greise Philosoph Martin Buber (1878-1965), das Misstrauen als "Krankheit der Welt". Ein böses Omen für die Kinder; aber wohl wahr. Tatsächlich sind weltgeschichtlichen Tragödien stets persönliche Konstellationen von Misstrauen vorher- und als Farcen hinterher gegangen, stärker als Vernunft und Skepsis, ohne die wir unsere Bedingungen nicht aufklären könnten. Den alten Buber bedrängte 1959 die Abwertung der Humanität durch den grundsätzlichen Ideologieverdacht, der die Unmittel-barkeit des Gegenübers aufhebt und es nur noch als Puppe vermutlicher Interessen inspiziert. In Michaels zahlreichen Einzelstudien zu sozialen Fragen, wie in den ungefähr zwei Dutzend Tucholsky-Essays ist die Frage immer präsent.

Die Sache war für Buber in den drei Neustaaten von 1948/49 - Israel, Bundesrepublik und DDR - so zerstörerisch wie in totalitären Regimen. Wo der oder die anderen zum Objekt denaturiert werden, verschwindet der Ansatz zu Gemeinsamkeit. Misstrauen wird existentiell, der Inquisitor zum Getäuschten seines eigenen Bewusstseins.

Man irrt, wenn man die weltweite Bewegung gegen das institutionelle Misstrauen und die Suche nach vertieftem Sozialverständnis erst 1968 datiert. Die Drohung mit dem Atomtod, die Hetzerei der MacCarthy-Ära, die Lügen des Vietnamkrieges, der Sputnik-Schock gehören dazu. Das Deutsche Reich ist nicht erst nach den 55 Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs geteilt worden, schon vor 1933 grassierte das Misstrauen als Krankheit, Hitler wucherte vom Geschwür zur Sozialreligion.

IV
Unseren Freund Michael Hepp treffen wir in diesem historischen Prozess während der administrativen Reaktion auf die 68er Bewegung als Lektor und freien Autor, dann als Mitarbeiter und Stipendiaten sozialgeschichtlicher Forschungen in Hamburg. 1981 erscheint seine Microedition zum Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, danach die Untersuchung über die Ausbürgerung deutscher Staatsbürger 1933-1945 - ein Thema, dessen Skandalon ihn bis zuletzt nicht losgelassen hat. Er wollte es in einem Kriminalroman ins Gedächtnis zurückholen.

Sein opus magnum aber sind die "Biographischen Annäherungen an Kurt Tucholsky" von 1993. In Tucholsky hat Michael seine verwandte Seele gefunden, die auf vermintem deutschen Sozialfeld die Würde des Vertrauens suchte. Tucholsky starb darüber im schwedischen Exil. Michael Hepp durfte als Mitherausgeber an der "Oldenburger Gesamtausgabe in 22 Bänden" ab 1996 dazu beitragen, daß dieser Kritiker der Kritik in der deutschen Geistesgeschichte neben Heinrich Heine und Ludwig Börne Bestand haben wird, allen Kreuzrittern und Hexenjägern zum Trotz.

Es ermutigt mich immer, daß Michael auf die letzte Umschlagseite seiner 576-seitigen Tucho-Biographie dessen Freisinn hat drucken lassen: "... das breite Publikum will den Unfehlbaren, den, der sich nie irrt."

Freund, ich danke Dir und Britta für Euer Zutrauen.


 
  An den "Zeit"-Leser Kurt Tucholsky

Tucho als eifriger Unterstützer des Deutschen Roten Kreuzes? Als potenzieller Leser des "Zeit"-Magazins "Leben"? Oder als Expo 2000-Besucher? In der Gedenkstätte Rheinsberg kommen immer wieder Werbebriefe für Herrn Kurt Tucholsky an. Diese wundervollen Stilblüten sollen Ihnen nicht vorenthalten werden. Deshalb werden in dieser und der nächsten Ausgabe der Vereinsnachrichten die besten Briefe abgedruckt. Viel Spaß!


 
  Treffen der Sektion "Schwarzwald"

Als Kurt Tucholsky im August 1919 von Berlin nach Nußbach bei Triberg reiste, nahm er einen Umweg über Freund "Karlchen" (Hannover) und vermisste danach seine Koffer ("...dabei habe ich sie hoch versichert", schrieb er an Mary Gerold). So aufregend muss heute eine Reise zu einem Regional-Treffen in Triberg-Nußbach im Schwarzwald nicht werden. Die KTG-Mitglieder Renate Bökenkamp und Ursula Welp, in St. Georgen und Bad Dürrheim lebend, bekamen für die Idee eines Regionaltreffens von der Mitgliederversammlung unlängst in Berlin "Grünes Licht". Sie werden das Treffen, das am Samstag, 16.Oktober 2004 im "Römischen Kaiser" zu Nußbach stattfinden soll, organisieren. In diesem Gasthaus-Hotel dürfte seinerzeit die Familie Fritsch in ihrer Sommerfrische in Nußbach getafelt haben, vielleicht war auch Kurt Tucholsky einmal dort und nahm einen Frühschoppen mit seinen Freunden. Ganz sicher aber bezog die Familie Fritsch (zu der Tucholskys Freund "Jakopp" gehörte) den Wein aus diesem Haus. Auch heute noch kann dort getafelt (vernünftige Preise, gute Küche) und gewohnt werden.

Vereinbart sind 40,- Euro für eine Übernachtung im Einzelzimmer und 60,- Euro für das Doppelzimmer.

Das Treffen der als "Sektion Schwarzwald" bezeichneten Mitglieder ist aber nicht regional gebunden. Alle KTG-Mitglieder, aber auch Interessierte aus deren Bekanntschaft, sind herzlich eingeladen. Vorgesehen ist das Zusammensein von 10 bis 16 Uhr (mit Mittagspause), anschließend ein Spaziergang in die Umgebung. Abends wird dann in der Puppen- und Theaterbühne in der Nachbarstadt St. Georgen ein öffentlicher Tucholsky-Abend mit dem Zimmertheater Karlshorst stattfinden.

Während des Treffens wollen wir uns zu einem Tucholsky-Thema Gedanken machen, einiges lesen und uns austauschen. Damit wird die Initiative von Professor Harald Vogel wieder belebt, der seinerzeit im süddeutschen Raum, in Esslingen, Regionaltreffen mit literaturwissenschaftlichem Hintergrund veranstaltete. Für die Fortsetzung der Reihe, die auch Tucholsky in Südwestdeutschland wieder etwas bekannter machen soll, wünschen sich die Organisatorinnen Unterstützung gerade auch für den Themenbereich. Roland Links und seine Frau Elfi haben dankenswerter Weise bereits ihre Hilfestellung zugesagt.

Voranmeldungen nehmen entgegen und erteilen Auskunft:
Renate Bökenkamp, Schwarzwaldstraße 4, 78112 St. Georgen, Tel./Fax: 07724-4655, E-Mail Rboekenkamp@triberg.de und
Ursula Welp, Königsberger Str. 72, 78073 Bad Dürrheim, Tel./Fax 07726-6810, E-Mail Ursula.Welp@t-online.de. Renate Bökenkamp


Redaktion: Maren Düsberg + Anne Schneller + Uwe Wiemann