Es ist ein kleines Jubiläum – die 350. (!) Lesung im Kurt Tucholsky Literaturmuseum.
Rafael Cardoso ist der Urenkel des Berliner jüdischen Bankiers Hugo Simon (bei dem Kurt Tucholsky während der Inflation 1923 als Privatsekretär unterkam), eine zentrale Gestalt der intellektuellen und Kunstszene in den 1920er Jahren. 1941 emigrierte er über Frankreich nach Brasilien und führte dort mit falscher Identität ein zweites Leben.
Hugo Simon war enger Berater von Samuel Fischer, Besitzer von Munchs »Der Schrei«; Albert Einstein und Thomas Mann gingen bei ihm ein und aus, Alfred Döblin verewigte ihn in einem Roman. Als linker Sozialist war er 1919 kurzzeitig Finanzminister, als Pazifist Mitglied der Liga für Menschenrechte, im Exil finanzierte er die wichtige „Pariser Tageszeitung“.
Rafael Cardoso, geboren 1964 in Rio de Janeiro, wuchs in den USA auf. Er ist Autor und Kunsthistoriker. Seit 2012 lebt er in Berlin, wo er sich auf die Spuren seines Urgroßvaters Hugo Simon begab und das Buch »Das Vermächtnis der Seidenraupen« schrieb.
Es erzählt vom Schicksal Hugo Simons und seiner Familie, von Berlin in den späten 1920er Jahren, über Paris und Südfrankreich bis nach Brasilien. Obwohl Dutzende, wenn nicht Hunderte prominenter Namen im Buch auftauchen, ist es ein Roman, ein semi-dokumentarischer Roman, der große Sprachkraft entfaltet.
Der Schauspieler, Regisseur und Künstlerische Direktor der Kammeroper, Frank Matthus wird den deutschen Text sprechen.
Hierzu ist ein Bericht von Jane Zahn im Rundbrief Dezember erschienen.