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Presseschau Publikationen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft Rundbrief August 2018 Rundbriefe Tucholsky im Spiegel

Tucholsky im Spiegel [August 2018]

Das Badische Tageblatt weist in der Ausgabe vom 28. Februar 2018 seine Leserschaft auf eine Veranstaltung am 9. März 2018 im Rastatter Kellertheater mit dem 80jährigen Schauspieler Klaus Winterhoff aus eben dieser Stadt hin, der Gedichte und Prosatexte von Kurt Tucholsky präsentiert. Die Zeitung belässt es aber nicht nur bei diesem Hinweis, sondern gibt im weiteren Text das Leben von Kurt Tucholsky wieder.
Unter anderem heißt es:

Seine polemische Feder mit Hohn, Spott und Boshaftigkeit zeigt den Mut und die Hartnäckigkeit eines engagierten Moralisten. Daneben gibt es aber auch den humorigen Feuilletonisten, den Autor heiterer Plaudereien, den Bänkelsänger Kurt Tucholsky.

In der Ausgabe vom 12. März 2018 berichtet die Zeitung dann ausführlich über die Veranstaltung. Nur ein Auszug:

Eine Stecknadel hätte man oft fallen hören, so gefesselt von den ausdrucksstark und mit großer sprachlicher Klarheit vorgetragenen Texten waren die Zuschauer. Neben vielen guten Gründen zu applaudieren gab es für sie auch viel zum Lachen, zum Beispiel bei dem Gedicht „Einigkeit und Recht und Freiheit“, dass nach Ansicht des Verfassers viele falsch verstehen und für das er daher den Refrain geschrieben hat: „Doof ist doof, da helfen keine Pillen!“

In dem Programmblatt zu dieser Veranstaltung, welches die Titel der 42 (!!) vorgetragenen Tucholskytexte enthält, ist noch ein Originalleserbrief von 1964 abgedruckt, der unserer Mitgliedschaft als historisches Zeitzeugnis nicht vorenthalten werden soll:

Brief von Prof. Dr. Adalbert Hermann* aus Kaiserslautern, vormals NSDAP, danach bis 1966 CDU-Abgeordneter, danach NPD-Abgeordneter an die Buchhandlung Schmidt:
Kaiserslautern, den 31. März 1964
Sehr geehrter Inhaber der Buchhandlung Schmidt!
Sie halten es für richtig an bevorzugter Stelle in Ihrer Auslage das Machwerk des Kurt Tucholsky „Deutschland, Deutschland über alles“ auszustellen und zu propagieren.
Ich nehme an, daß Sie wissen wer Tucholsky war. Er war Mitarbeiter der probolschewistischen „Weltbühne“ und fanatischer Anhänger eines sowjetischen Deutschland. Wenn Leute wie Tucholsky gesiegt hätten, dann hätten wir heute Zustände der Stacheldrahtzone des Ulbricht.
Ich habe, da ich in Kaiserslautern beschäftigt bin, im letzten Jahr verschiedentlich Bücher bei Ihnen gekauft. Ich werde das natürlich nicht mehr tun.
Kommen Sie mir bitte nicht mit Geistesfreiheit, Besudelung des eigenen Volkes und Nestbeschmutzung ist k e i n e Geistesfreiheit!
Unterschrift
*Name aus rechtlichen Gründen geändert

Die Zeit widmet in ihrer Ausgabe vom 15. März 2018 der Weltbühne anlässlich ihres ersten Erscheinens am 4. April 1918 eine ganze Seite (S. 21) unter dem fettgedruckten Originalschriftzug „Die Weltbühne. Republikaner ohne Republik“ und dem Untertitel „Weimars legendäre Wochenschrift wird hundert: Die „Weltbühne“ deckte auf, eckte an und wagte mehr Demokratie als vielen recht war. Bis heute scheiden sich an ihr die Geister.“
Der Autor, Alexander Gallus, lehrt Ideen- und Zeitgeschichte an der Technischen Universität Chemnitz und veröffentlichte 2012 im Wallstein Verlag sein Buch „Heimat Weltbühne“.
Es muss nicht betont werden, dass selbstverständlich Tucholsky mehrfach erwähnt und zitiert wird. Die Seite endet mit drei Fotos von Tucholsky, Ossietzky und Jacobsohn, jeweils versehen mit einer kurzen Charakterisierung, und einem Originaltitelblatt der Weltbühne.
Zu dem bekannten Foto „Tucholsky mit Pfeife und weißem Oberhemd“ heißt es:

Kurt Tucholsky (1890-1935) schreibt von 1913 an für die „Weltbühne“. Mit seinen scharfen Satiren wird er rasch zu ihrem bekanntesten Autor.“

Der Artikel endet wie folgt:

„Jungen Schriftstellern von heute“ wünschte Axel Eggebrecht noch Ende der siebziger Jahre eine vergleichbare „geistige Heimat“, doch schwant ihm, dass es eine solche Heimat nicht mehr gibt. So viel Wehmut hier anklingt: die Weimarer Weltbühne bleibt 100 Jahre nach ihrer Gründung mehr als ein Sehnsuchtsort. Denn nicht nur gibt es seit 1997 in Kleinstauflagen zwei Nachfolger, die ihren Geist wiederzubeleben versuchen – die linken Zweiwochenschriften Ossietzky und Das Blättchen.
Die Weltbühne hat auch an Kraft und Ausstrahlung nicht verloren. Bis heute müssen sich die kritische Intervention, die investigative Reportage und der ironische Spott an ihr messen lassen.

Anne Fromm befasst sich in der taz vom 23. April 2018 auf Seite 17 mit Oliver Welke und seiner freitagabends im ZDF ausgestrahlten „heute Show“ und beginnt wie folgt:

„Satire, heißt es ja immer mit Verweis auf Kurt Tucholsky, dürfe alles. „Die echte Satire ist blutreinigend“, schrieb Tucholsky 1919. „und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen reinen Teint.“ Das scheint für ZDF-Zuschauer allerdings nur so lange zu gelten, wie sich die Satire vom Heiligsten, nämlich dem Christentum fernhält.

Anlass für ihren Kommentar war die Tatsache, dass in der „heute Show“ ein gekreuzigter Osterhase, aufgehängt an seinen langen Plüschohren, gezeigt worden war. Damit sollte die vermeintliche Affäre um Schokoladenhasen, die bei Karstadt als „Traditionshasen“ gekennzeichnet waren, persifliert werden.
Diesen Beitrag hatten die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach, gerade zur Vorsitzenden einer neugegründeten AFD-nahen Stiftung gekürt, und einige AfD-Mitglieder in der Form skandalisiert, dass sie in dem Titel „Traditionshase“, eine Bezeichnung, die das Unternehmen Lindt seit jeher verwendet, als Unterwerfung unter den Islam bezeichneten.
Wie die Staatsanwaltschaft vier Strafanzeigen gegen die „heute Show“ wegen unzulässiger Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen beschieden hat, ist leider nicht bekannt.**

Bernd Brüntrup, mit Dank an Gerhard Stöcklin.

Wie immer können alle vollständigen Texte bei der Geschäftsstelle abgerufen werden

**Nachtrag: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat zwischenzeitlich entschieden, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wie u.a. der Tagesspiegel berichtet.

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Presseschau Publikationen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft Rundbrief April 2018 Rundbriefe Tucholsky im Spiegel

Tucholsky im Spiegel [April 2018]

In der Badischen Zeitung vom 20. November 2017 beginnt auf Seite 9 ein Kom­mentar von Thomas Hauser zu Leserbriefen, die er zuvor wegen eines Kom­mentars zu der Ermordung einer jungen Frau in Freiburg durch einen Flüchtling erhalten hat, mit einem Tucholsky-Zitat: „Ereignisse können irren, Zeitungen tun das nie, ätzte der große Satiriker Kurt Tucholsky vor 100 Jahren.“
Der von „Andere Zeiten e. V.“ herausgegebene Kalender 2017/18 zum Thema „Der andere Advent“ enthielt den Hinweis auf einen käuflich zu erwerbenden Magnetstreifen: „FREUNDSCHAFT, DAS IST WIE HEIMAT“ KURT TUCHOLSKY
„Tucholsky und Harfe“ war ein Bericht im Mindener Tageblatt, Nr. 4, vom 5. Ja­nuar 2018, Seite 1, überschrieben, dazu der Untertitel „Außergewöhnliches Konzert in Bad Hopfenberg“.
Ein stimmungsvolles Programm unter dem Motto „Harfenmusik und Textvorträ­ge“ gestaltete Gertraude Büttner aus Dipenau-Essern im Kursportsaal von Bad Hopfenberg.
Mit Harfenklängen aus der Renaissance (…) und dem Barock (…) bis hin zu in­ternationaler Folkmusik (…) war für jeden Geschmack des Publikums im gut be­suchten Kursportsaal etwas dabei.(…) Zur Auflockerung zwischen der Musik trug Gertraude Büttner heitere und ernste Texte von Rainer Maria Rilke (…), Erich Kästner (…) und Kurt Tucholsky („Park Monceau“) vor.“
Matthias Biskupek erinnert in der Zweiwochenschrift Ossietzky“, Heft 2, 27. Ja­nuar 2018, auf Seite 60ff. an den 70. Todestag von Karl Valentin, der im Februar 1948 just zu Rosenmontag in München verstorben ist.
„Er starb am Tag, da die närrische west- und süddeutsche Welt sich nicht zu las­sen weiß vor Spaß, am Rosenmontag. Schuld war die Erkältung(…).
Er hatte sich aber auch jene Krankheit zugezogen, die viele Satiriker und Humo­risten gegen Lebensende trifft, heißen sie nun Jonathan Swift oder Walter Meh­ring, Kurt Tucholsky oder Wilhelm Busch. Die Krankheit hat den Namen Resi­gnation.“
In derselben Ausgabe ist in der regelmäßigen Rubrik B e m e r k u n g e n unter der Überschrift Geklopfte Sprüche zu lesen:
„Von Kurt Tucholsky ist der Spruch überliefert: „Die Frauen haben es ja von Zeit
zu Zeit auch nicht leicht, wir Männer aber müssen uns rasieren.“ Das klingt, als ob der Mann geglaubt hat es gebe nur zwei Geschlechter.“ Günter Krone
In der Süddeutschen Zeitung findet sich regelmäßig auf Seite 4 eine Rubrik AK­TUELLES LEXIKON, in der Ausgabe vom 7. Februar 2018 zum Stichwort Pusteku­chen:
„Vorhersagen zur Bundespolitik sollte man sich in diesen Zeiten ja eigentlich
verkneifen. Unbeeindruckt davon zeigt sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber. Zu den Anträgen, die beim Bundesverfassungsgericht gegen den SPD-Mitgliederentscheid über eine Koalition vorlagen, twitterte er: „Vorhersage Pustekuchen.“ Das lässt an eine Satire von Kurt Tucholsky denken, der einer Katze Fischköpfe herbeisehnt: „Son richtichen Kopp von nem Zanderchen – Pus­tekuchen!“
Dem Duden zufolge steht dieser Ausdruck umgangssprachlich für: „Das Gegen­teil, von dem, was man sich vorgestellt oder gewünscht hat, ist eingetreten.“
Ingrid Zwerenz bespricht in Ossietzky, Heft 3, 10. Februar 2018, S. 92f., die Au­tobiographie von Gregor Gysi und schreibt dazu u. a.:
„Während viele Zeitgenossen auf der Suche nach künstlichen oder außerirdi­schen Intelligenzen sind, schaut man besser nach bei Gregor Gysi, ein ähnlicher Charakter und Typ wie Kurt Tucholsky, beide tüchtige Juristen, sprachmächtig, geborene jüdische Berliner, ausgestattet mit unnachahmlicher Ironie, kongru­entem Witz und hochtourigem Humor. Differenzen sehe ich bei ihrem Urteil über Frauen, da hat Tucho mal einen Fehlgriff getan, als er formulierte: „Die Menschheit zerfällt in zwei Teile, einen männlichen der denken will, und einen weiblichen, der nicht denken kann.“ Hier bleibt einem etwas die Luft weg, und es tröstet auch nicht, dass er an anderer Stelle schrieb: „Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen.“
In einer Buchbesprechung von Eva Berger in der tageszeitung, Wochenendaus­gabe vom 10./11. Februar 2018, S. 15 (politisches Buch) taucht unser Namens­geber bereits im Untertitel auf: „Ein Berserker gegen Hitler, Weggefährte von Kurt Tucholsky und Joseph Roth: Mit der Schrift „Deutschland ist Caliban“ ist der große Polemiker Walther Rode wiederzuentdecken.“
Im Text heißt es dann weiter:
„Eine der ersten Streitschriften gegen Hitler und den Nationalsozialismus ist wiederzuentdecken: Walther Rodes „Deutschland ist Caliban“: (…) Walther Rode (geborener Rosenzweig) steht in einer Geistesreihe mit dem berühmten Literaten und Feuilletonisten der Zwischenkriegszeit von Kurt Tucholsky bis Joseph Roth und ist doch ein großer Unbekannter geblieben. (…)
Er schrieb es 1933 „zum Zeitvertreib“, während er darauf wartete (resignierend), dass Hitler „der Schlag trifft“.
Als gern gesehener Gast verkehrt er auch in Künstlerkreisen, in deren Mitte im
August 1934 zu früh und überraschend sein Herz aussetzt. Er ist 58 Jahre alt. Zu
diesem Zeitpunkt sind seine Schriften in vorauseilendem faschistischen Gehor­sam längst auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ein Jahr später begeht Tucholsky in Schweden Suizid, und Joseph Roth trinkt sich 1939 in Paris zu Tode. Keine Brüder im Geiste mehr da also, die an ihn hätten erinnern können. Die Nazis haben ganze deutsche Arbeit geleistet.“
In der Ausgabe des Ossietzky vom 24. Februar 2018, Heft 4, S. 116ff., befasst sich Christophe Zerpka unter dem Titel Solferino mit dem politischen Nieder­gang sowohl der französischen Sozialisten als auch Kommunisten und führt u. a. aus:
„Doch das links Blinken, rechts Abbiegen hat Tradition. Schon in der Weimarer
Republik lieferte Kurt Tucholsky diese hochaktuelle Beschreibung: „Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt: Hieße sie seit dem 1. August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleineren Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas. Vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahin gegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Ge­schäfte unter einem ehemals guten Namen.“
Die „taz-Berlin“ nahm den 80. Geburtstag von Klaus Staeck, studierter Jurist und bekannt geworden durch seine politischen Plakate und Postkarten, inzwi­schen mehr als 380, zum Anlass, ein Interview zu führen. Überschrift: „David hat eine reale Chance gegen Goliath.“ Auf die Frage von Pascal Beuker „Gibt es für Sie Grenzen der Satire?“ antwortete Klaus Staeck:
„Satire bleibt immer eine Gratwanderung. Aber ich kannte für mich immer die Grenzen, bis zu denen ich gehen konnte und wollte. Tucholskys Diktum „Satire darf alles“ habe ich deswegen stets noch zwei Worte hinzugefügt: „in Verant­wortung. Das ist mir wichtig.“ (taz, 27.02.18, S. 4f.)

Wie immer können alle vollständigen Texte bei der Geschäftsstelle abgerufen werden.

Bernd Brüntrup, mit Dank an Gerhard Stöcklin.

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Allgemein Presseschau Publikationen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft Rundbrief Dezember 2017 Rundbriefe Tucholsky im Spiegel

Tucholsky im Spiegel [Dezember 2017]

Die Presseschau erscheint dieses Mal sogar mit Preisrätsel.
Ulrich Sander, Journalist, Buchautor und Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), fährt jeden Montag nach Wuppertal, um im Landesbüro der VVN-BdA nach dem Rechten zu sehen. In Ossietzky, Heft 16/2017, berichtet er in der Ausgabe vom 26. August 2017, S. 561ff., über eine Begegnung mit einem erblindeten Menschen am 19. Januar 2015 auf eben diesem Weg, die bei ihm zu verschiedensten Assoziatio­nen zum Wort »Blindsein« führt.
Sein Artikel beginnt wie folgt:

Augen in der Großstadt ist eines der schönsten Gedichte, die ich kenne. Es ist ein Gedicht von Kurt Tucholsky. Es heißt darin:

Du musst auf deinem Gang

durch Städte wandern;

siehst einen Pulsschlag lang

den fremden Andern.

Es kann ein Feind sein,

es kann ein Freund sein,

es kann im Kampfe dein

Genosse sein…

Es sieht hinüber

und zieht vorbei…

Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,

die Braue, Pupillen, die Lider;

was da war?

Von der großen Menschheit ein Stück!

Vorbei, verweht, nie wieder.1

In der gleichen ossietzky-Ausgabe, diesmal Seite 579, sinniert Matthias Biskupek ironisch-satirisch über die Bedeutung bzw. Notwendigkeit von »Schnipseln«, mal auch »Aphorismen« oder sogar »geistreiche Sinnsprüche«. Natürlich darf bei so einer Betrachtung ein Hinweis auf den »größten Schnipsler aller Zeiten« (diese Bewertung stammt von dem Unterzeichner) – unseren Na­mensgeber – nicht fehlen.
Biskupek kriegt die entsprechende Kurve wie folgt:

Wir könnten an dieser Stelle den Text bis auf höchste Zinnen, also über alle Sinne Treiben, wollen aber doch nun endlich die Produktionsmethode von Aphorismen verraten. Man suche einen Text wie diesen und entnehme daraus folgendeAphorismen:

1. Auch Schnipsel können eine Seite füllen.

2. Langweilig ist noch nicht ernsthaft.

3. Auch geistreiche Sprüche benötigen ein Portal.

4. Wenn einer nichts gelernt hat, dann organisiert er. Wenn einer aber gar nichts gelernt und nichts zu tun hat, dann macht er Propaganda.

5. »Twittern« ist nur für Menschen mit abnehmendem Verstand

6. Wer lobt, wird selten nach seiner Aktivlegitimation gefragt.

7. Wer nicht gern nimmt, kann uns gern haben.

8. Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben.

9. Humor ruht oft in der Veranlagung von Menschen, die kalt bleiben, wo die Masse tobt, und die dort erregt sind, wo die meisten nichts dabei fin­den.

10. Er war eitel darauf, nicht eitel zu sein.

11. Er trug sein Herz in der Hand und ruhte nicht eher, bis sie ihm aus der Hand fraß.

12. Wann macht man aus der Gleichberechtigung endlich eine Gleichbe­richtigung?

Sie Sehen, wir haben im Nu ein Dutzend Aphorismen bei der Hand. Gewiss, die Nummern (…)* stammen von Kurt Tucholsky und wurden als Schnipsel in der Weltbühne 1931 und 1932 gedruckt.

*Nun das Preisrätsel.
Zuerst das Rätsel: Welche der obigen Aphorismen stammen von unserem Na­mensgeber?
Jetzt der Preis: Eine Essenseinladung mit Getränken bei dem Unterzeichner in Minden ohne Übernahme der Fahrt- und eventuellen Übernachtungskosten. Werden zusätzlich noch die Fundstellen richtig angegeben, gilt die Einladung zu den gleichen Konditionen auch für eine Begleitperson. Einsendeschluss ist der 6. Januar 2018, 24:00 Uhr.
Entscheidend ist im Zweifels­falle der Poststempel, aber nur falls eine #FreeDeniz-Briefmarke benutzt wird.
Bei mehreren richtigen Einsendungen hat allein der Unterzeichner ein Wahl­recht, mit wem er am liebsten dinieren möchte.
In der taz vom 4. November 2017 bespricht der Autor Helmut Höge ein Buch von Cat Warren, erschienen im Kynos-Verlag 2017: Der Geruch des Todes. Ein­sätze eines Leichenspürhundes unter der Überschrift: Drogen, Bomben, Leichen. Weil unser Geruchssinn verkümmert ist, trainie­ren wir Leichenspürhunde. Aber auch Bienen und Schimpansen haben eine feine Nase.

Und wie nicht anders zu erwarten, muss bei einem Buch über Hunde auch der spezielle »Hundefreund« Kurt Tucholsky zu Wort kommen.

Der englische Soldat Hugh Loftin verfasste 1917 – umgeben von toten Tie­ren und Menschen auf dem Schlachtfeld – ein Kinderbuch, das berühmt wurde: »Dr. Dolittle und seine Tiere«. Kurt Tucholsky schrieb: »Es kommt darin Jip, der Hund von Dr. Dolittle, vor, der sehr gut riechen kann. Einmal lag er auf dem Deck eines Schiffes und witterte, wo der verlorene Onkel wohl sein könnte (es war da ein Onkel verloren gegangen). Er stellte sich hin, zog die Luft ein und analysierte. Dabei murmelte er:Teer, spanische Zwiebeln, Petroleum, nasse Regenmäntel, zerquetschte Lorbeerblätter, brennender Gummi, Spitzengardinen, die gewaschen – nein, ich irre mich, Spitzengardinen, die zum Trocknen aufgehängt worden sind, und Füchse – zu Hunderten – junge Füchse – und Ziegelsteine‹, flüsterte er ganz leise, ›alte gelbe Ziegel, die vor Alter in einer Gartenmauer zerbröckeln; der süße Geruch von jungen Kühen, die in einem Gebirgsbach stehen; das Blei­dach eines Taubenschlags – oder vielleicht eines Kornbodens – mit darauf­liegender Mittagssonne, schwarze Glacéhandschuhe in einer Schreibtisch­schublade aus Walnussholz; eine staubige Straße mit Trögen unter Plata­nen zum Pferdetränken; kleine Pilze, die durch verfaultes Laub hindurch­brechen‹, und – und – und. Das ist nicht gemacht – das ist gefühlt«2, freu­te sich Tucholsky.

Bernd Brüntrup, mit Dank an Philipp Müller. Wie immer können alle vollständigen Texte bei der Geschäftsstelle abgerufen werden.

1 Theobald Tiger, AIZ (1930), Nr. 11; GA, Bd. 13, S. 97f.
2Peter Panter, Voss 10.12.1925; GA, Bd. 7, S. 540ff, 543

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Presseschau

Presseschau zum Tod von Gisela May

Gisela May, viele Jahre Ehrenmitglied der Kurt Tucholsky-Gesellschaft, war eine der bedeutendsten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. Als Diseuse von Weltrang ist ihr Schaffen eng mit dem Werk Kurt Tucholskys verbunden.
Sehr vielfältig fielen die Würdigungen anlässlich ihres Todes am 2. Dezember 2016 aus. Wir versuchen hier einen Überblick zu geben, der selbstredend keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.
»Die May – wirklich einmalig« überschreibt Wolfgang Helfritsch, selbst Ehrenmitglied der Kurt Tucholsky-Gesellschaft, seinen Nachruf im KTG-Rundbrief Dezember 2016.
Für Deutschlandradio Kultur sprach Britta Bürger mit der Schauspielerin Carmen-Maja Antoni über Gisela May, zusammengefasst unter dem Fazit »Ich habe immer ihre Haltung bewundert«.
Ebenfalls für Deutschlandradio Kultur verfasste Dirk Fuhrig einen umfangreichen Nachruf unter dem Titel »Von Mutter Courage zu „Muddi“«, auf den auch von der Internationalen Hanns-Eisler-Gesellschaft verwiesen wird.
Für die junge Welt zeichnete Frank-Burkhard Habel (seines Zeichens langjähriges Vorstandsmitglied der Kurt Tucholsky-Gesellschft) für den umfassenden Nachruf »Parteilichkeit, glaubwürdig« auf »eine der letzten großen Diseusen des literarischen Kabaretts« verantwortlich.
Für die ARD-tagesschau erstellte Tina Löhneysen vom rbb einen Beitrag, dessen Begleittext sich nachlesen lässt.

Der knapp 15minütige Film von Anne Kohlick »Keine sang Brecht wie sie – Abschied von Gisela May« für den rbb kann weiterhin auf der Website des Senders angesehen werden.
Er findet sich übrigens ebenso als eingebettes Video im Nachruf »Mutter Courage ist tot« von Oliver Kranz ebenfalls vom rbb.
Die dpa-Meldung findet sich in der Süddeutschen Zeitung, deren nichtsdestotrotz lesenswerten Beitrag man in derselben oder ähnlichen Form naturgmäß auch andernorts findet.
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb Simon Strauss eine Würdigung unter dem Titel »Brechts First Lady«.
Reinhard Wengierek hat seinen Nachruf für Die Welt mit »Der sozialistische Weltstar mit der Krawatte« betitelt.

Zwei Pole ihres Werkes erfasst die Überschrift »Muddi Courage«, die Lothar Heinke für seine Würdigung Gisela Mays im Tagesspiegel gefunden hat.
Etwas nüchterner formuliert dies Birgit Walter für die Berliner Zeitung, ihr Nachruf ist mit »Gegensätze gehörten zum Wesen dieser Diva« überschrieben.
Ihr Leben schlaglichtartig Revue passieren lässt Daland Segler für die Frankfurter Rundschau in seinem Nachruf »Die Stimme des Dichters«.
Kurz gehalten ist der Nachruf bei Theater der Zeit.
Für die Akademie der Künste, deren Mitglied Gisela May seit 1972 war, veröffentlichte deren Präsidentin Jeanine Meerapfel einen Nachruf.
In Der Freitag würdigte Magdalene Geisler unter dem Titel »Treuer Typus mit Pagenkopf« Leben und Werk Gisela Mays.
Den vermutlich ersten Nachruf veröffentlichte nachtkritik.de unter dem Titel »Die Stimme Brechts«.