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Kurt Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2017 an Sönke Iwersen

Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft vergibt den mit 5.000 € dotierten Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik an den Journalisten Sönke Iwersen, Leiter Investigative Recherche beim Handelsblatt.

Sönke Iwersen (c) Sönke Iwersen
Sönke Iwersen (c) Sönke Iwersen

Sönke Iwersen, geboren 1971 in Hamburg, arbeitete zunächst als freier Journalist für FAZ, Hamburger Abendblatt und Berliner Zeitung, absolvierte die Axel Springer Journalistenschule und trat dann in die Wirtschaftsredaktion der Stuttgarter Zeitung ein. Seit 2006 ist er Redakteur des Handelsblatts in Düsseldorf, seit 2012 leitet er dort das in jenem Jahr gegründete Investigativ-Team, das seitdem mit zahlreichen Journalistenpreisen ausgezeichnet wurde. Iwersen wurde auch persönlich vielfach für seine Arbeit geehrt, unter anderem mit dem Henri Nannen Preis, zwei Wächterpreisen und dem Georg von Holtzbrinck Preis für Wirtschaftspublizistik.
Sein Dossier Edward Snowden – Schutzengel ganz unten verbindet investigative Rercherche mit der Empathie der literarischen Reportage. Gerade in dieser Verbindung aus engagiertem, aufklärerischem Journalismus und literarischer Qualität liegt der Geist des Werkes Kurt Tucholskys, dessen Tradition zu bewahren Ziel des Kurt Tucholsky-Preises ist.
Die Begründung der Jury:

In seinem Dossier Schutzengel – ganz unten verbindet Sönke Iwersen investigative Rercherche mit der Empathie der literarischen Reportage.
Iwersen bereiste einen Ort, der in der global thematisierten Snowden-Affäre erstaunlich unbesehen blieb: Er besuchte die Wohnsilos von Hongkong, in denen der Whistleblower Edward Snowden im Juni 2013 für zwei Wochen Unterschlupf fand.
Sprachlich prägnant und dramaturgisch pointiert gibt Iwersen den vier Asylsuchenden, die Snowden trotz eigener prekärer Lage Schutz boten, einen Namen und eine Herkunft. Und er gibt ihnen Würde, indem er in wechselnder Perspektive darlegt, was sie in die so genannte illegale Migration trieb.
Iwersens im Handelsblatt veröffentlichte Reportage steht beispielhaft dafür, wie auch eine Wirtschaftszeitung die dunkelsten Nischen der Globalisierung ausleuchten kann.
Der Blick hinter die Fassaden Hongkongs verknüpft unser Zeitalter weltweiter Aus- und Einwanderung mit einer unbekannten Episode der Snowden-Affäre.
Diese Verquickung im Zeitalter weltweiter Überwachung ist engagiert, originell, aufklärerisch – und deshalb preiswürdige Publizistik in bester Tradition Kurt Tucholskys.

Die Preisvergabe findet als Höhepunkt und Abschluss der diesjährigen Jahrestagung »Tucholsky, Die Weltbühne und Europa« der Kurt Tucholsky-Gesellschaft am 22.10. 2017 im Theater im Palais Berlin statt. Als Laudator wird Thomas Tuma, stellvertretender Chefredakteur beim Handelsblatt, sprechen.
Snowden‘s Guardian Angels
Die von Sönke Iwersen in seinem ausgezeichneten Dossier porträtierten Helfer Snowdens sind zwischenzeitlich selbst in Not geraten und haben ihre Zuflucht in Hongkong verloren. Sie benötigen nun selbst Hilfe und Unterstützung.
Informationen hierzu sind zu finden im Artikel »Snowdens Schutzengel fürchten um ihr Leben« von Sönke Iwersen im Handelsblatt und bei der Kampage For the refugees.
Weitere Informationen:

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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik

Geburtstagsgruß an Deniz Yücel

Lieber Deniz,
es fällt schwer, Dir unbelastet zum Geburtstag zu gratulieren, sehen und wissen wir doch, unter welchen Umständen Du gezwungen bist, ihn zu begehen.
Als Carl von Ossietzky für seine journalistische Arbeit 1932 ins Gefängnis geworfen wurde, schrieb Kurt Tucholsky:

Die Strafe ist und bleibt nichts als die Benutzung einer formalen Gelegenheit, einem der Regierung unbequemen Kreis von Schriftstellern eins auszuwischen […] Im geistigen Kampf werden sie auch weiterhin so erledigt werden, wie sie das verdienen. Und das muß doch gesessen haben. Denn sonst wären jene nicht so wütend und versuchten es nicht immer, immer wieder. Es wird ihnen nichts helfen.

Wir wünschen uns allen drinnen und draußen und ganz besonders Dir, dass es auch den heutigen Rechtsbeugern der Türkei nichts helfen möge. So senden wir Dir herzlichste Grüße und versichern Dir unsere ungebrochene Solidarität.
Als die Jury Dir 2011 den Kurt-Tucholsky-Preis zuerkannte, lobte sie Deinen Mut, zur Verdeutlichung der Wahrheit auch vor dem Zorn der verkappten Spießer_innen nicht zurückzuschrecken, sondern »die große, bunte Landsknechts-trommel gegen alles, was stockt und träge ist« (Tucholsky) zu schlagen.
Dein Ehrenplatz zur diesjährigen Preisverleihung wird von uns freigehalten, denn noch immer hoffen wir, Dich in Berlin begrüßen zu können: Wir wollen das Meer sehen – Deniz’i görmek istiyoruz.
Bis dahin wünschen wir Dir, was auch Tucholsky seinem Freund wünschte:

Ich wünsche ihm im Namen aller Freunde, daß er diese Haft bei gutem Gesundheitszustand übersteht.

Der Vorstand der Kurt Tucholsky-Gesellschaft

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