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Publikationen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft Rundbrief April 2018 Rundbriefe

Auf die Freiheit

Im Festsaal Kreuzberg war Deniz Yücel am 24. März zum ersten Mal nach seiner Freilassung in Deutschland zu erleben. „Auf die Freiheit“ war eine überaus zahl­reich besuchte Veranstaltung, die auch etliche Presseberichte nach sich zog. Eingeladen hatten der „Freundeskreis #FreeDeniz“ und „Reporter ohne Gren­zen“.

Für die Kurt Tucholsky-Gesellschaft hat Christiane Ille an den Freundeskreis die ersten Erlöse aus dem Verkauf der Solidaritäts­broschüre „Bester Preisträger wo gibt“ (die weiterhin in der Ge­schäftsstelle zum Preis von 10 € er­hältlich ist) übergeben. Immerhin 700 € durfte Ivo Bozic stellvertre­tend entgegen nehmen.

Außerdem hat sie die Ehrengast-Einladung an den Tucholsky-Preisträger von 2011 für die nächste Tagung wiederholt.

Die Veranstaltung selbst wurde vom WDR übertragen und kann noch bis zum 24.3.2019 nachgeschaut werden.

Steffen Ille (der seine Teilnahme erkrankt absagen musste )

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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik

Zur Freilassung von Deniz Yücel

Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft freut sich, dass Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der Zeitung DIE WELT, von einem Gericht in Istanbul auf freien Fuß gesetzt wurde und zu seiner Familie, seinem Freunden- und Kollegenkreis nach Berlin zurückkehren durfte. Wir freuen uns, weil Deniz kein Terrorist ist – wie vom türkischen Präsidenten vorschnell behauptet – sondern Journalist. Wer den Unterschied nicht wahrhaben will, richtet sich selbst. Wir freuen uns nicht zuletzt, weil Deniz freigekommen ist, ohne Kompromisse und trotz alledem mit einem guten Schuss Humor gesegnet. Gerade diese Eigenschaften, in Verbindung mit einem funkelnd-witzigen Schreibstil, überzeugten 2011 eine Jury, Deniz den Kurt-Tucholsky-Preis zu verleihen. In der Haft ist er sich selbst und unserem Vorbild Tucholsky treu geblieben.
Andere Tatsachen dürfen jedoch nicht vergessen werden. Deniz wurde mehr als ein Jahr lang als unschuldige Geisel festgehalten. Auch jetzt arbeiten dort Staatsanwälte an Prozessvorbereitungen, fordern für Deniz 18 Jahre Haft. Am  Tag seiner Befreiung bekamen drei andere Journalisten – die Brüder Ahmet und Mehmet Altan sowie Nazli Ilicak – wegen angeblicher Unterstützung des gescheiterten Putschversuchs vom Juli 2016 von einem anderen Istanbuler Gericht lebenslängliche Haftstrafen. Damit erwarten sie vierzig Jahre hinter Gittern.
In den 1930er Jahren war die Türkei unter Kemal Atatürk ein Zufluchtsort für politisch oder religiös  Verfolgte aus Deutschland, wie der spätere Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Ernst Reuter und seine Familie. Auf solche rechtsstaatliche und gastfreundliche Traditionen konnte das Land jahrelang stolz sein. In den letzten Jahren hat das türkische Regime dieser aufgeklärten Vergangenheit anscheinend den Rücken gekehrt. Aber für eine Wende zur Einsicht ist es nie zu spät. So darf die Entlassung von Deniz kein einzelner Schritt bleiben. Andere Inhaftierte  – auch solche ohne deutschen Pass – sollten ebenfalls freikommen.

Im Namen des Vorstandes der Kurt Tucholsky-Gesellschaft
Dr. Ian King, 1. Vorsitzender

[Berlin] Wir sind ja nicht zum Spaß hier

Vor einem Jahr, am 14.2. 2017, wurde Deniz festgenommen. Jetzt erscheint sein neues Buch: „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“. Der Freundeskreis #FreeDeniz lädt zur großen Bookrelease-Gala in den Festsaal Kreuzberg. (ab 19 Uhr). Mit:
Herbert Grönemeyer, Hanna Schygulla, Anne Will, Mark Waschke, Gustav Seibt, Aynur Doğan, Igor Levit, Thees Uhlmann – und ab 22 Uhr legt Andi Thoma von Mouse on Mars auf.
Und: Es ist VALENTINSTAG. Deshalb laden wir vorher zum #FreeDeniz-„KORSO DER HERZEN“. Start und Ziel: Festsaal Kreuzberg (ab 16.30 Uhr) Autos, Bikes, Traktoren, egal, alles was Räder (und/oder Herzchen) hat.
Karten hier: https://www.koka36.de/responsiv/event_site.php?event=95218
Übrigens: #FreeDeniz heißt jetzt #BuyDeniz. Das Buch kann hier vorbestellt werden.

Tucholsky Bühne Minden: „Amüsement ist fein“

Tucholskys Motto „Amüsement ist fein“ nehmen die Künstler zum Anlass, dem Stumpfsinn den Kampf anzusagen, zu lästern und zu mahnen. Satirisch, besinnlich, aber immer unterhaltsam und sehr melodisch. Es wird ein Berliner Bufett gereicht.

Ein Abend der Solidarität mit Deniz Yücel, dem Träger des Kurt Tucholsky Preises 2011. Seit dem 17. Februar 2017 sitzt der Korrespondent der Welt in türkischer Isolationshaft. Der Überschuss des Abends geht an den Solidaritätsfonds für Deniz Yücel.

https://www.tucholsky-buehne.de/event/feier-zum-128-geburtstag-von-kurt-tucholsky/

TaC – Theater am Campus – TaC, Artilleriestraße 17 Minden, 32423

Eintritt: 6 – 12 Euro Vorverkauf: Ticket-express auf www.tucholsky-buehne.de

 

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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik

Geburtstagsgruß an Deniz Yücel

Lieber Deniz,
es fällt schwer, Dir unbelastet zum Geburtstag zu gratulieren, sehen und wissen wir doch, unter welchen Umständen Du gezwungen bist, ihn zu begehen.
Als Carl von Ossietzky für seine journalistische Arbeit 1932 ins Gefängnis geworfen wurde, schrieb Kurt Tucholsky:

Die Strafe ist und bleibt nichts als die Benutzung einer formalen Gelegenheit, einem der Regierung unbequemen Kreis von Schriftstellern eins auszuwischen […] Im geistigen Kampf werden sie auch weiterhin so erledigt werden, wie sie das verdienen. Und das muß doch gesessen haben. Denn sonst wären jene nicht so wütend und versuchten es nicht immer, immer wieder. Es wird ihnen nichts helfen.

Wir wünschen uns allen drinnen und draußen und ganz besonders Dir, dass es auch den heutigen Rechtsbeugern der Türkei nichts helfen möge. So senden wir Dir herzlichste Grüße und versichern Dir unsere ungebrochene Solidarität.
Als die Jury Dir 2011 den Kurt-Tucholsky-Preis zuerkannte, lobte sie Deinen Mut, zur Verdeutlichung der Wahrheit auch vor dem Zorn der verkappten Spießer_innen nicht zurückzuschrecken, sondern »die große, bunte Landsknechts-trommel gegen alles, was stockt und träge ist« (Tucholsky) zu schlagen.
Dein Ehrenplatz zur diesjährigen Preisverleihung wird von uns freigehalten, denn noch immer hoffen wir, Dich in Berlin begrüßen zu können: Wir wollen das Meer sehen – Deniz’i görmek istiyoruz.
Bis dahin wünschen wir Dir, was auch Tucholsky seinem Freund wünschte:

Ich wünsche ihm im Namen aller Freunde, daß er diese Haft bei gutem Gesundheitszustand übersteht.

Der Vorstand der Kurt Tucholsky-Gesellschaft

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Jahrestagung 2017 Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik Pressemitteilung Tagungen

Kurt Tucholsky-Gesellschaft lädt Deniz Yücel als Ehrengast ein

Seit mehreren Wochen sitzt der Kurt Tucholsky-Preisträger Deniz Yücel nun bereits in Haft. Ein Schicksal, das er mit über 150 Kolleg_innen teilt.
Inzwischen in Isolationshaft, wurde der Einspruch gegen seine Haft von den zuständigen Gerichten abgewiesen. Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge, insbesondere, da wir weiterhin der festen Überzeugung sind, dass die Deniz Yücel vorgeworfenen Straftaten jeglicher Grundlage entbehren.
Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass in seinem Fall – wie auch in zahlreichen anderen Fällen – versucht wird, unbequeme Gegenstimmen gegen den derzeitigen Kurs der türkischen Regierung verstummen zu lassen.
Umso dankbarer sind wir für die zahlreichen, bunten und vielfältigen Protest- und Solidaritätsaktionen, die derzeit in Deutschland und Europa die Freilassung der inhaftierten Journalist_innen fordern.
Wir begrüßen zudem die klare und deutliche Distanzierung von jeglichen »Nazi-Methoden« durch den türkischen Präsidenten. Bekanntermaßen gehörte die Bekämpfung von publizistischen Gegenstimmen durch konstruierte Vorwürfe unter Wahrung des rechtsstaatlichen Anscheins zu den von den Nationalsozialisten bereits unmittelbar nach der Machtübernahme verwendeten Methoden. Kurz: Indem man Journalismus zum Verbrechen erklärte. Kurt Tucholskys Nachfolger als Herausgeber der Weltbühne, der überzeugte Pazifist und spätere Nobelpreisträger Carl von Ossietzky starb an den Folgen dieser Praxis.
Mithin dürfen wir also davon ausgehen, dass sich die gegen Deniz Yücel erhobenen Vorwürfe in Kürze in einem fairen und rechtsstaatlichen Prozess als vollkommen haltlos erweisen werden und vielmehr festzustellen ist, dass er seiner journalistischen Arbeit und Pflicht nachgekommen ist. Und Journalismus ist kein Verbrechen.
Wir laden Deniz Yücel als Ehrengast zur diesjährigen Verleihung des Kurt-Tucholsky-Preises am 22. Oktober im Theater im Palais ein und freuen uns auf seinen sicher grandiosen Beitrag.

Der Vorstand der Kurt Tucholsky-Gesellschaft

Weitere Informationen:
Kurt Tucholsky-Gesellschaft
Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft wurde 1988 gegründet, um dem facettenreichen »Phänomen Tucholsky« nachzuspüren. Sie will als literarische Vereinigung die Beschäftigung mit Leben und Werk Kurt Tucholskys pflegen und fördern und hat ihren Sitz in Tucholskys Geburtsstadt Berlin. Als Publikationsorgan der Kurt Tucholsky-Gesellschaft erscheint dreimal im Jahr ein Rundbrief. Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft gibt zudem eine eigene Schriftenreihe heraus, in der vorrangig die Dokumentationen der von ihr organisierten wissenschaftlichen Tagungen erscheinen. Den jährlichen Höhepunkt der Vereinstätigkeit bilden Tagungen mit wissenschaftlichen Kolloquien, Vorträgen, Exkursionen und kulturellen Veranstaltungen. Aller zwei Jahre vergibt sie den Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik.
Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik
Aus Anlass des 60. Todestages von Kurt Tucholsky wurde 1995 der Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik gestiftet. Alle zwei Jahre werden mit ihm engagierte deutschsprachige Publizisten oder Journalisten ausgezeichnet, die der »kleinen Form« wie Essay, Satire, Song, Groteske, Traktat oder Pamphlet verpflichtet sind und sich in ihren Texten konkret auf zeitgeschichtlich-politische Vorgänge beziehen.
Ihre Texte sollen im Sinne Tucholskys der Realitätsprüfung dienen, Hintergründe aufdecken und dem Leser bei einer kritischen Urteilsfindung helfen.
Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch eine fünfköpfige Jury; das Preisgeld beträgt seit dem Jahr 2015 5.000 € (bis 2013: 3.000 €).
Jury-Begründung zur Verleihung des Kurt-Tucholsky-Preises 2011 an Deniz Yücel
In seiner Kolumne »Vuvuzela«, die während der Fußballweltmeisterschaft 2010 erschien, hat Yücel sowohl den deutschen Spießer als auch die deutsche Spießerin auf angenehme Art entlarvt. Dabei übersteigert er bewusst das nationalistische Element, riskiert lustige Wortspiele sowie einen überdeutlichen Stimmungsumschwung nach der deutschen Niederlage (»Gurkentruppe….«) Das wäre vielleicht peinlich, wenn so etwas nicht den Lebensinhalt der Sportseiten im Boulevard bildete. Deniz Yücel hat sich Tucholskys Maxime zu eigen gemacht, der 1919 geschrieben hatte: »Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird.«
Jahrestagung der Kurt Tucholsky-Gesellschaft 2017
Die Jahrestagung der Kurt Tucholsky-Gesellschaft steht im Jahr 2017 unter dem Thema »Tucholsky, Die Weltbühne und Europa«.
Die Tagung vom 20.-22. Oktober 2017 an der Humboldt-Universität zu Berlin widmet sich historischen und zeitgenössischen Dimensionen des Europa-Bildes und sucht dabei insbesondere nach Anknüpfungspunkten im Werk Tucholskys.
Als Abschluss und Höhepunkt der Tagung wird am 22. Oktober 2017 im Theater im Palais der Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik verliehen.
#Freedeniz
Neben der bewundernswürdigen Berichterstattung in zahlreichen deutschen Medien, insbesondere bei der ehemaligen publizistischen Heimat Yücels die tageszeitung und seiner aktuellen publizistischen Heimat DIE WELT sei beispielhaft auf die Solidaritätsseite des Freundeskreises Freedeniz verwiesen, die Berichte, Aktionen und Veranstaltungen bündelt.
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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik Publikationen der Kurt Tucholsky-Gesellschaft Rundbrief April 2017

Zur Inhaftierung von Deniz Yücel

Ich kenne Deniz Yücel in meiner Funktion als 1. Vorsitzender der Kurt Tucholsky-Gesellschaft sowie als Mitglied der Jury, die ihm 2011 den KT-Preis vergab. Er bekam die Auszeichnung für seine „taz“-Kolumne „Vuvuzela“ zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft 2010.
Diese Arbeiten bewiesen, dass Deniz ein Satiriker von Format ist, mit funkelnden Wortspielen und eigenwilligen Sprachschöpfungen. Sie zeigten ihn auch als Freund der deutschen Sprache, der diese vor Phrasendreschern der Sportberichterstattung schützen wollte. Und last not least als Gegner von billigem Hurrapatriotismus, als Kämpfer gegen den Nationalwahn, als Europäer und Weltbürger. So wurde Deniz zum würdigen Träger des Kurt-Tucholsky-Preises.
Jetzt sitzt Deniz in einem türkischen Gefängnis. Präsident Erdoğan hat ihn ohne Anklage und Urteil als Terroristen bezeichnet. Das ist Deniz garantiert nicht. Er ist kein Freund der Mächtigen – aber seine Arbeiten für die taz und Die Welt beweisen: er ist ein lupenreiner Demokrat.
Die Türkei wurde in der Zwischenkriegszeit zu einem Zufluchtsort für antifaschistische deutsche Emigranten, zu einem demokratischen Rechtsstaat. Zur Demokratie gehört der Grundsatz der freien Meinungsäußerung, zum Rechtsstaat das Prinzip „Unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils“. Jetzt hat die Türkei die Chance, sich im Falle Deniz Yücel als Demokratie und Rechtsstaat zu bewähren.
Die Kurt Tucholsky-Gesellschaft ist sicher, dass das Land diese Chance ergreift und Deniz als unschuldig freilassen wird. Sie lädt Deniz Yücel zur Teilnahme an der diesjährigen Kurt Tucholsky-Preisverleihung am Sonntag 22. Oktober ins Theater im Palais, Berlin ein.

Dr. Ian King, 1. Vorsitzender der Kurt Tucholsky-Gesellschaft

[Duisburg] Kurt Tucholsky und andere Flüchtlinge – Damals und Heute

Kurt Tucholsky ist einer der bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Er war Gesellschaftskritiker, Kabarettautor, Liedtexter
und Lyriker. Er sah sich als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor dem Erstarken der politischen Rechten.
Als die deutschen Faschisten an die Macht kamen, verbrannten sie seine Bücher, entzogen ihm die deutsche Staatsangehörigkeit, beschlagnahmten seine Bankkonten. Da verstummte er vor Hoffnungslosigkeit und Ekel, lebte zwei Jahre verarmt und vereinsamt im abgelegenen schwedischen Dorf Hindas, nahm vier Tage vor Weihnachten 1935 eine Überdosis und starb. Der Kämpfer für ein sozial gerechtes, demokratisches Deutschland hatte verloren und trat von der Bühne ab.
Heute werden jedoch seine Werke millionenfach verkauft, er ist einer der am meisten zitierten Autoren Deutschlands. Die Kurt-Tucholsky-Gesellschaft stellt sich mit dem Vortrag „Kurt Tucholsky und andere Geflüchtete damals und heute“ ihres Vorsitzenden Dr. Ian King, London vor.
Ian King war Universitätslehrer in Sheffield und London, hat über Tucholskys politische Entwicklung promoviert, ist Mitherausgeber
eines Bandes der Tucholsky-Gesamtausgabe, ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen und Gründungsmitglied der Kurt-Tucholsky-Gesellschaft.
Unter der Leitung von Kathrin Block wird der Vokalpraktische Kurs der Erich-Fried- Gesamtschule Chansons und Gedichte vortragen.
Die Höhe des Eintritts liegt in Ihrem eigenen Ermessen. Die Einnahmen fliessen in die Aufwendungen für diese Veranstaltung und in ein neues Klavier für die Erich-Fried-Gesamtschule Herne.

[Herne] Kurt Tucholsky und andere Flüchtlinge – Damals und Heute

Kurt Tucholsky ist einer der bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Er war Gesellschaftskritiker, Kabarettautor, Liedtexter
und Lyriker. Er sah sich als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor dem Erstarken der politischen Rechten.
Als die deutschen Faschisten an die Macht kamen, verbrannten sie seine Bücher, entzogen ihm die deutsche Staatsangehörigkeit, beschlagnahmten seine Bankkonten. Da verstummte er vor Hoffnungslosigkeit und Ekel, lebte zwei Jahre verarmt und vereinsamt im abgelegenen schwedischen Dorf Hindas, nahm vier Tage vor Weihnachten 1935 eine Überdosis und starb. Der Kämpfer für ein sozial gerechtes, demokratisches Deutschland hatte verloren und trat von der Bühne ab.
Heute werden jedoch seine Werke millionenfach verkauft, er ist einer der am meisten zitierten Autoren Deutschlands. Die Kurt-Tucholsky-Gesellschaft stellt sich mit dem Vortrag „Kurt Tucholsky und andere Geflüchtete damals und heute“ ihres Vorsitzenden Dr. Ian King, London, der Schulgemeinde der Erich-Fried-Gesamtschule vor.
Ian King war Universitätslehrer in Sheffield und London, hat über Tucholskys politische Entwicklung promoviert, ist Mitherausgeber
eines Bandes der Tucholsky-Gesamtausgabe, ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen und Gründungsmitglied der Kurt-Tucholsky-Gesellschaft.
Unter der Leitung von Kathrin Block wird der Vokalpraktische Kurs der Erich-Fried- Gesamtschule Chansons und Gedichte vortragen.
Oliver Janiszewski und sein Team von der EFG-Mensa werden ein Erfrischungsbuffet ausrichten.
Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.

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Kurt Tucholsky Preis für literarische Publizistik Pressemitteilung

Zur Festsetzung von Deniz Yücel

»Denn wo blieben dann die Religionen, und wo bliebe vor allem der Patriotismus, wenn die Leute wüßten, was los ist! Die Zensur ist der Schutz der Wenigen gegen die Vielen.« (Kurt Tucholsky, 1932)[1]
Als sich die Jury des Kurt-Tucholsky-Preises 2011 für Deniz Yücel entschied, zeichnete sie seine satirischen Kolumnen aus und hob dabei Yücels Fähigkeit der »angenehmen Entlarvung« hervor.
Seitdem hat Deniz Yücel auf vielfältige Weise gezeigt, dass der Name Tucholskys völlig zu Recht mit seiner Arbeit verbunden wurde. Insbesondere seine Arbeit als Türkeikorrespondent zeigt einen Journalisten im besten Sinne: Scharf analysierend, genau beobachtend, Zusammenhänge darstellend.
Yücel stellt dabei Menschen und Geschichten vor, die in der zunehmend enger werdenden türkischen Presselandschaft, kaum zu sehen und zu hören sind.
Es liegt in der Natur der Sache, dass er im Rahmen seiner Arbeit mit Menschen spricht, die der sich nahezu täglich ändernden Rechtslage in der Türkei nicht entsprechend handeln – wie sonst sollte ein Journalist offenlegend arbeiten?
Kurt Tucholsky, der selbst leidenschaftlich für freie Presse (und vor allem, für die Freiheit der seinerzeitigen Neuen Medien) kämpfte, schrieb:
»Und hier zeigt sich nun die ganze Schwäche jedes Versuchs […], ein eng gefügtes Weltbild zu statuieren: jeder Vertreter solches Zwanges hindert den ihm Unterworfenen, sich eine freie Meinung zu bilden. Er läßt die Gegenargumente gar nicht erst an ihn heran.«[2]
Die Pressefreiheit ist aus gutem Grund ein hohes Gut. Sie ist ein Grundpfeiler offener, demokratischer Gesellschaften. Richtig genutzt erfüllt sie elementare Kontrollfunktionen, denn auch die gefestigste Demokratie ist nicht vor den Verführungen von Macht und Geld gefeit.
 
Wir können von außerhalb nur schwer beurteilen, wie stichhaltig die von den türkischen Behörden erhobenen Vorwürfe gegen Deniz Yücel sind und unterstützen die Forderungen von Auswärtigem Amt, Bundeskanzlerin, Reporter ohne Grenzen und der WELT nach einem fairen Verfahren. Es scheint dies allerdings im bestehenden Ausnahmezustand in der Türkei geradezu aussichtslos zu sein. Ziel aller Aktionen muss daher sein, so bald als möglich eine Freilassung Deniz Yücels zu erreichen.
 
Wir können jedoch gleichzeitig nicht die Augen davor verschließen, dass das Verfahren gegen Deniz Yücel kein Einzelfall ist. Er reiht sich ein in eine lange Reihe von massiven Verfolgungen kritischer Journalisten in der Türkei. Die Forderung der Freilassung Deniz Yücels kann daher nur in Verbindung mit der Forderung nach der Freilassung aller anderen inhaftierten Journalisten in der Türkei erhoben werden.
 
Der Kurt-Tucholsky-Preis wird vergeben für Arbeiten, die sich »kritisch mit zeitgeschichtlichen Entwicklungen und Vorgängen auseinandersetzen und Realitäten hinter vorgeschobenen Fassaden erhellen«. Genau dies ist Kern der Arbeit von Deniz Yücel. Es ist dies die vornehmste Aufgabe und Pflicht eines Journalisten – und kein Verbrechen.
 

Der Vorstand der Kurt Tucholsky-Gesellschaft

Weiterführende Links:
Diese Mitteilung als pdf downloaden.
Begründung der Jury zur Verleihung des Kurt-Tucholsky-Preises für literarische 2011
Petition zur Freilassung Deniz Yücels
Die Aktionsseite »#FreeDeniz«
Überblicksseite zu Reaktionen von Behörden und Medien von Knut Kuckel auf journalistblog.de
[1] Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel: »Freier Funk! Freier Film!« in: Die Weltbühne, Nr. 18 vom 03.05.1932
[2] Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel: »Freier Funk! Freier Film!« in: Die Weltbühne, Nr. 18 vom 03.05.1932