Liebe Mitglieder und Freunde der Kurt Tucholsky-Gesellschaft,
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[Presseschau] Tucholsky im Spiegel
[Rede] Laudatio für Sönke Iwersen
[Rede] Dankesrede von Sönke Iwersen
[Nachruf] Abschied von Beate Schmeichel-Falkenberg
[Nachruf] In Gedenken an Irmgard Ackermann
[Artikel] In Amerika entdeckt: Kabinettfoto von Berta und Flora Tucholsky
[Originaltext] Großstadt-Weihnachten
Schlagwort: Rundbrief
»Ich hatte sie sehr gern – sie waren so grundanständig« (Kurt Tucholsky über seine Tanten)1
Das Kabinettfoto, das Kurt Tucholskys Tanten Berta (rechts im Bild) (geboren am 8. Juni 1856 in Greifswald) und Flora (geboren am 14. September 1864 in Greifswald), die Schwestern seines Vaters Alex, zeigt, wurde um 1895 in Stanislawow/Ost-Galizien (damals Österreich-Ungarn) im Fotostudio Leo Rosenbach aufgenommen. Das Foto gelangte nun über 120 Jahre später auf abenteuerliche Weise von Amerika nach Deutschland.
Verkauft wurde es 2016 auf einem amerikanischen Flohmarkt in Saint Louis im Bundesstaat Missouri. Die Käuferin bot das Foto zum Wiederverkauf im Internet an, woraufhin es die Autorin entdeckte, einen moderaten Preis dafür zahlte und das schöne und sehr seltene Kabinettfoto schließlich ca. zwei Wochen später in den Händen hielt. Die Freude war groß, als sie erkannte, um wen es sich auf dem Foto handelte.
Klar erkennbar sind die Namen der beiden Schwestern, erahnen kann man weiter noch: »Schwestern von Alex Tucholsky«. Gut möglich, dass sich die bis zu ihrem Tod unverheirateten Tanten Tucholskys längere Zeit dort bei Verwandten aufhielten. »Frau Flora Tucholsky, Stanislau« konnte man z.B. im selben Jahr auf einer Liste (Jg. 4 (1895) Nr. 10, S. 381–383) der Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde lesen. Die Lehrerin Flora Tucholsky hatte zwei Kronen als Mitgliedsbeitrag oder Spende bezahlt. Am Untertitel Die Waffen nieder! lässt sich eine gewisse Geistesverwandtschaft zu Kurt erkennen, der später einmal »Soldaten sind Mörder« schreiben sollte. Dass es in Stanislawow (bzw. Stanislau) eine Familie Tucholsky gegeben haben muss, beweist auch der Eintrag im Pester Lloyd vom 15.7.1891 auf S. 6. Damals stieg dort – laut »Fremdenliste des ›Grand Hotel Hungaria‹« in Budapest – »F. Tucholsky s.[amt] Töchter, Stanislau« ab. Die genaue Identität dieser Familie konnte derzeit nicht ermittelt werden und muss an dieser Stelle zunächst offen bleiben.
Im Jahr 1899 ließ sich Berta in Wien in der Lutherischen Stadtkirche taufen. Ihre genauen Lebensstationen können dort nicht vollständig rekonstruiert werden, weil die historischen Wiener Meldeunterlagen lückenhaft sind. Um diese Zeit wohnte sie im Lehrerinnenheim der Stadt in der Wipplingerstraße 8. Unter dieser Adresse hatte sie ein Jahr zuvor einen Brief an Samuel L. Clemens in Amerika geschrieben2. Dahinter verbarg sich der von Berta hoch verehrte Schriftsteller Mark Twain, dessen Werke sie gerne ins Deutsche übersetzt hätte.
Das Kabinettfoto dient auch als Beweis, dass schon früh ein Kontakt zwischen den preußischen Tucholskys und ihrer amerikanischen Verwandtschaft in Saint Louis bestand, einer Verwandtschaft, die vereinzelt aus der Kurt Tucholsky-Gesamtausgabe hervorgeht.
Mitte des 19. Jahrhunderts war der preußische Lehrer Neumann Tucholsky mit seiner Ehefrau Johanna geb. Arnfeld und den gemeinsamen fünf Kindern nach Amerika ausgewandert und hatte sich in Saint Louis niedergelassen, wo er vier Jahre nach seiner Einbürgerung (die Einbürgerungsurkunde datiert vom 19. April 1886) im Jahr 1890 verstarb
Seine Enkelin, Rose Tuholske, hatte Kontakt zu Kurt Tucholsky, was durch Briefe in der Tucholsky-Gesamtausgabe belegt ist. Kurts Bruder Fritz half sie mit einem affidavit (einer Art Bürgschaftserklärung von Verwandten oder Freunden während der NS-Zeit, damit Verfolgte aus Deutschland in die USA einreisen konnten), schnell in Amerika unterzukommen, weil die Situation in Deutschland für ihn immer bedrohlicher wurde. Seines Amtes bei der Berliner Stadtverwaltung enthoben, gelang ihm über Prag die Flucht nach Amerika, wo er jedoch bereits 1936 bei einem Autounfall ums Leben kam.
Im Jahr 1899 kam es zu der einzigen persönlichen Begegnung zwischen Rose und dem damals neunjährigen Kurt, als ihr Vater sie auf einer längeren Europareise mitnahm, die sie auch nach Berlin führte.
»Und Sie wollen mich nicht heiraten? Sie bleiben dabei?«3
Wie ihre Cousine Doris Tucholski, der Mutter Kurts, wird Berta ihre Lehrerinnen-Ausbildung am Königlichen Lehrerinnen-Seminar in Berlin absolviert haben. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich als Erzieherin und Lehrerin, gelegentlich aber auch als Schriftstellerin und Übersetzerin.
So veröffentlichte sie z.B. einige Feuilletonartikel im Pester Lloyd. Ihre gelungene Übersetzung des englischsprachigen Romans Jane Eyre erschien 1927. Die nordenglische Pfarrerstochter Charlotte Brontё hatte ihn im Jahr 1847 unter dem Pseudonym Currer Bell veröffentlicht, wohl in der vorausschauenden Angst vor Ablehnung des Romans aufgrund ihres Geschlechts. Es sollte noch eine lange Zeit vergehen, bevor auch weibliche Autoren in der Gesellschaft akzeptiert werden würden, eine Erfahrung, die Berta vermutlich als alleinstehende Frau auch nicht unbekannt war.
Kurt mochte seine Tante Berta sehr, das unsichtbare Familienband zwischen ihnen war sehr eng. Als Tucholsky sich 1928 wegen eines Zahngeschwürs operieren lassen musste und sich vorübergehend deformiert so auf keinen Fall der Öffentlichkeit präsentieren wollte, hatte er nur Tante Berta eingeweiht:
Ich sage überall, daß ich »bei Verwandten« wohne, ohne Telefon, u. der Tante Berta habe ich gesagt, was los ist. Adresse gibt’s nicht. Kopf ist noch dick.4
An Berta war auch bereits 1908 die berühmte Widmung auf der Rückseite mit dem Foto Tucholskys gerichtet, in der er ihr ohne Scheu anvertraute:
Außen jüdisch und genialisch, innen etwas unmoralisch, nie alleine, stets à deux: – der neveu!
Berta kehrte später wieder nach Berlin zurück. Die Tatsache, dass sie sich Jahre vorher in Wien hatte evangelisch taufen lassen, war keine Garantie dafür, dass sie den nationalsozialistischen Schikanen entgehen konnte. Von der »Judenvermögensabgabe« wurde sie nicht befreit, 1938 musste sie daher »auf Grund der Durchführungsverordnung über die Sühneleistung der Juden vom 21. November 1938 (Reichsgesetzblatt I S. 1638)« die für sie festgelegte Abgabe von 1.400 Reichsmark zahlen, was »20 von hundert des angemeldeten Vermögen« entsprach. Abzuleisten war die Zahlung in Teilbeträgen von 350 Reichsmark. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung drohte ein Säumniszuschlag von zwei von hundert des rückständigen Betrages. Bei nicht erfolgter Zahlung erfolgte die Zwangsvollstreckung5.
Berta Tucholsky wurde am 29.8.1942 in Theresienstadt ermordet, sie wurde 83 Jahre alt. Als Todesursache nannte ihre Todesfallanzeige: »Erschöpfung der Herzkraft«. Ihr Name ist auf dem Grabstein ihrer Schwester Flora, die bereits am 20. August 1929 in Berlin gestorben war, auf dem jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin verewigt (Feld A 7).
Bettina Müller
Die Autorin steht kurz vor der Vollendung eines 35seitigen Aufsatzes mit weiteren neuen Erkenntnissen über die Familie Tucholsky, u.a. über ihre amerikanische Verwandtschaft (Veröffentlichungsort und -termin stehen noch nicht fest); Kontakt: b-mueller-koeln@t-online.de)
1 Bemmann, Helga: Kurt Tucholsky. Ein Lebensbild. Berlin 1990. S. 55.
2 vgl. Brief Berta Tucholsky an Mark Twain (Samuel L. Clemens) v. 2.3.1898, Wien, in: Mark Twain Project and papers, University of Berkeley, California, Signatur UCLC 46196
3 Currer Bell (= Charlotte Brontё): Jane Eyre. 1927, S. 335
4 aus einem Brief an seine zweite Ehefrau Mary Tucholsky, Berlin, v. 18.1.1928, in: Kurt Tucholsky Gesamtausgabe 19, S. 9
5 vgl. Bescheid über die Judenvermögensabgabe v. 6.12.1938 an Berta Tucholsky, Berlin, in: Akademie der Künste, Literaturarchiv, Tucholsky 197; 03 Persönliche Dokumente
Anmerkung: Eine leicht veränderte Version dieses Beitrags erschien am 28. Dezember 2017 im Neuen Deutschland.
Der Tod von Irmgard Ackermann am 10. Juli lässt uns in ehrenvollem Gedenken zurückblicken auf die Anfänge unserer Gesellschaft, in der Irmgard Ackermann, die promovierte Akademische. Direktorin am germanistischen Institut der Universität München, im Gründungsvorstand die Funktion der Schatzmeisterin innehatte, die sie verlässlich und gewissenhaft erfüllte. Aber dies war nicht ihr vorrangiges Verdienst, das sie sich um das Werk von Tucholsky erworben hat.
Wir waren ein kleiner Kreis von Tucholsky Profis (Publizisten, Wissenschaftler, Künstler und Vertraute), die in Rheinsberg bei einem Ost-West Treffen über die Gründung einer Kurt Tucholsky Gesellschaft im Vorfeld der Deutschen Vereinigung debattierten, dies bei Harry Pross in Weiler 1988 beschlossen und vereinsrechtlich in Stuttgart/Ludwigsburg vollzogen. Irmgard Ackermann war nicht dabei und uns bis dahin nur als Herausgeberin der 1981 erschienenen edition text und kritik (Kurt Tucholsky. Sieben Beiträge zu Werk und Wirkung) bekannt, die das »Defizit in der Tucholskyforschung« sichtbar machen sollte, wie es in der Einleitung hieß. Ein zum Glück durch die spätere Tucholskyforschung heute überholtes Werk.
Beate Schmeichel-Falckenberg, meine stellvertretende Vorsitzende im Gründungsvorstand, hatte Irmgard ins Gespräch um das Amt der Schatzmeisterin gebracht, die Nähe von Esslingen und München erleichterte die Vorstandstreffen. Doch dies war nicht der eigentliche Beweggrund. Irmgard gehörte mehr zu den stillen Mitdenkern im Tucholsky Freundeskreis, hielt sich lieber bedeckt und suchte nicht die eigene Profilierung, wenn die Tucholskyprofis die Bühne beherrschten und der Gesellschaft in den Anfängen eine belebende und produktive, mitunter auch sehr kreativ streitbare Wirksamkeit verliehen. Aufgrund der von Irmgard Ackermann vorgelegten Forschungsübersicht zeigte sie auch ein Interesse, im Vorfeld des Gedenkjahres zum 100. Geburtstag von Kurt Tucholsky sich in der Gesellschaft zu engagieren. Dies bewies Irmgard Ackermann bei den Gedenkaktivitäten in München und bei der Mitherausgabe der Publikation »Tucholsky heute. Rückblick und Ausblick« (iudicium Verlag München 1991). Darin belegt sie mit den angeregten Beiträgen, dass die von Irmgard Ackermann zurecht beklagte »Abstinenz der Literaturwissenschaft« zeitweise aufgegeben wurde und mit der damals angekündigten kommentierten Edition der Tucholsky Texte und Briefe (GW) ermöglicht und an der Uni Oldenburg mit Antje Bonitz und Michael Hepp vollendet wurde.
In ihrem Aufsatz »Tucholskys Blick auf 1990. Gedanken zu Tucholskys 100. Geburtstag am 9. Januar 1990« (Stimmen der Zeit (208), H.1, Herder Freiburg 1990, S.30ff.) gibt Irmgard Ackermann selbst eine noch heute aktuelle Anregung über die Gültigkeit und Wertigkeit der Tucholsky Texte in ihrer repräsentativen Zeitlosigkeit nachzudenken. Ackermann analysiert die auf die Zukunft gerichteten Zeitgedichte für den »zukünftigen Leser« nach der journalistischen Qualität und ihrem literarischen Rang. Sie geht der Frage nach, wodurch Tucholsky die geschichtskritische Perspektive mit einer an menschlichen Grundsätzen orientierten Gegenwartsanalyse mit einem erstaunlich prognostischen Zukunftsblick und dazu noch prickelnd leserzugewandt zu verbinden wusste. Dieses ‚Zeitfenster‘ (Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges), das sein Schreiben perspektivisch bestimmte, gibt diesen Texten die journalistische Seriosität von geschichtlicher Recherche, von politischer Wachsamkeit aufgezeigt an konkret inszenierten Gegenwartsereignissen und die literarische Souveränität, Rückschlüsse auf grundsätzlich Gültiges ins kritische Bewusstsein zu heben. Leider ist Irmgard Ackermann ihrem eigenen Impuls nicht längerfristig nachgegangen, u. a. weil sie sich in ihrer akademischen Laufbahn für einen anderen mehr didaktisch orientierten Schwerpunkt („Deutsch als Fremdsprache“) entscheiden musste.
Wir wollen an die Verstorbene und ihre Lektüreinitiative ‚Tucholsky gegenwartskritisch lesen‘ erinnern, nämlich Tucholskys Texte immer wieder neu textkritisch und aktualisierend anzueignen, das heißt aufklärerisch für unsere Gegenwart auszudeuten, indem wir -angeregt von ihr- an einen Tuchotext erinnern, der in der unmittelbaren Jetztzeit ein wachsames Zeitbewusstsein schärfen kann.
Wie war es-?
So war es-! (1928)
Sehr geehrter Herr Professor!
Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch sowie im letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, im Jahre 1991, und halten den Blick rückwärts gewendet, wie Ihr Beruf es befiehlt. Sie lehren Geschichte – Sie schreiben Geschichte – Sie studieren Geschichte. Sie halten gerade bei den Jahren um 1914, und Sie fragen sich und die Geschichtsliteratur: Wie ist gewesen?
[…] Ob einer die Wahrheit schreibt, Herr Professor, das kann man hören. Allerletzten Endes gibt es keine andere Möglichkeit, die Wahrheit ausfindig zu machen. Zahlen können trügen – Statistiken erst recht – Dokumente können gefälscht sein, geschickt ausgewählt, zusammengestrichen sein … aber der Ton der Wahrheit, die Musik der Wahrheit -: das täuscht nie. Haben Sie Ohren, Herr Professor? Dann hören Sie, was da klingt …
[…] Wir sind tot, wenn Sie das lesen, Herr Professor. Aber unsere Stimmen steigen noch aus der Erde auf, beschwörend, mahnend, anklagend – – Wie war es?
So war es.
(Ignaz Wrobel, Wie ich zum Tode verurteilt wurde, 1928, GW10,152)
Nehmen wir Tucholskys Weckruf »die Wahrheit hören«, hinter der politischen Rhetorik aufspüren, als ehrendes Gedenken an Irmgard Ackermann, also als Weckruf an uns und lesen wir wieder Tucholskys Texte und zitieren wir sie nicht nur, nehmen wir sie als Weckruf für einen neuen Diskurs für unser Gegenwartsbewusstsein und schärfen wir unseren »Gruß nach vorn« (1926), »Lieber Leser 1985«!, auch in unserer Gesellschaft.
Das Zeitfenster und die berufliche Provenienz der Textverortung kann aktualisiert bzw. ausgetauscht werden. Die Trump- und AfD- Zeiten – die Namensliste wäre erweiterbar) – stehen bereits in der Tür!
Harald Vogel
Liebe Mitglieder und Freunde der Kurt Tucholsky-Gesellschaft,
der neue Rundbrief August 2017 ist erschienen. Sie können ihn (ohne Vereinsinterna) als pdf herunterladen.
Ausgewählte Beiträge sind zudem direkt als Einträge im Blog zu lesen:
[Presseschau] Tucholsky im Spiegel
[Rezension] Unda Hörner: Ohne Frauen geht es nicht
[Rezension] Ohne Frauen geht es nicht
[Rezension] Thomas F. Schneider: Emil Ludwig
[Rezension] Tucholskys Spiegel: Oper-Premiere in Rheinsberg
[Bericht] Brigitte Rothert übergibt dem Tucholsky Museum wertvolle Dokumente
[Originaltext] Vor und nach den Wahlen
Also diesmal muß alles ganz anders werden!
Diesmal: endgültiger Original-Friede auf Erden!
Diesmal: Aufbau! Abbau! und Demokratie!
Diesmal; die Herrschaft des arbeitenden Volkes wie noch nie!
Diesmal.
Und mit ernsten Gesichtern sagen Propheten prophetische Sachen:
»Was meinen Sie, werden die deutschen Wahlen im Ausland für Eindruck machen!«
Und sie verkünden aus Bärten und unter deutschen Brillen
– wegen Nichtkiekenkönnens – den höchstwahrscheinlichen Volkeswillen.
Sprechen wird aus der Urne die große Sphinx:
Die Wahlen ergeben diesmal einen Ruck nach links.
So:
←
Diesmal werden sie nach den Wahlen den Reichstag betreten,
diesmal werden sie zum Heiligen Kompromisius beten;
diesmal erscheinen die ältesten Greise mit Podagra,
denn wenn die Wahlen vorbei sein werden, sind sie alle wieder da.
Diesmal.
Und mit ernsten Gesichtern werden sie unter langem Parlamentieren
wirklich einen Ruck nach links konstatieren.
Damit es aber kein Unglück gibt in der himmlischsten aller Welten,
und damit sich die Richter nicht am Zug der Freiheit erkälten,
und überhaupt zur Rettung des deutsch-katholischen-industriellen Junkergeschlechts
machen nach den Wahlen alle Parteien einen Ruck nach rechts.
So:
→
Auf diese Weise geht in dem deutschen Reichstagshaus
alle Gewalt nebbich vom Volke aus.
Theobald Tiger
Die Weltbühne, 08.05.1928, Nr. 19, S. 711. (GA Bd. 10, Text 64, S. 196f.)
Diese Rezension beginnt mit einem Geständnis. Ich schätze eher das klassische Opern-Repertoire, von Siegfried Jacobsohns geliebtem Mozart bis zu SJs Feind Wagner. Bin also Opern-Fan, aber kein Experte. Wie es Tucho selbst formulierte, kommt es im Künstlerischen nur auf ein Kriterium an: die Gänsehaut. Bei moderner E-Musik fehlt sie sehr häufig bei mir.
Ausnahme: James Reynolds‘ Partitur. Von Jazz-Einlagen mit Flair der zwanziger Jahre bis zur latenten Bedrohung (man tanzte auf einem Vulkan) steckt atmosphärisch alles drin. Tucho und die NS-Gegenspieler, die ihn die Worte »Giftspeiender Jude!« an den Kopf werfen — wunderbar herausgearbeitet. Das ist nicht in erster Linie MODERNE Musik, sondern vor allem zum Thema PASSENDE Musik, die von einem aufgeweckten Publikum begeistert aufgenommen wurde.
Zweites Lob: dem ideenreichen, innovativen Organisator und gutem Geist des Ganzen, Frank Matthus sowie seinem Regisseur Robert Nemack. Ich hatte mit Vorstandskollegin Jane Zahn schon bei einem Expertensymposium im Mai Gelegenheit, Frank kennenzulernen: Auf diesen Charismatiker müsste Rheinsberg, ja ganz Brandenburg stolz sein. Und Nemack! Die Bühne als Boxring für Tucholskys Kampf um ein demokratisches Deutschland: eine gelungene Idee! Die Beweglichkeit des Ensembles, unter Benutzung der Gänge und des Zuschauerraums: bewusst verunsichernd, hier wollte niemand einschlafen. Jeder wartete gespannt auf den nächsten Regieeinfall.
Die Sänger und Sängerinnen; Wenn ich hier alle, darunter den bekannten Countertenor Jochen Kowalski, und ihre Meriten loben sollte, müsste dieser Rundbrief um vier Seiten verlängert werden. Also soll hier eine für alle stehen: die energische, humorvolle, bei Gelegenheit angsteinflößende Mezzosopranistin Felicitas Brunke. Sicher zum Teil auch als Darstellerin von Mary Tucholsky, aber nicht nur deswegen, hat sie bei mir einen Stein im Brett. Singen kann sie, können sie alle. Ein tolles, aufeinander eingestimmtes Ensemble.
Also eine völlig positive Kritik? Leider nicht. Am Libretto war die Idee mit Pseudonymen, Freundinnen und Gegnern , die Tucholskys Charakter von vielen Seiten beleuchteten, bewundernswert. Aber durch Zerhacken der Figur in die einzelnen Pseudonyme ging m.E. die Tatsache verloren, dass sie fünf Finger an einer Hand sind. Der innere Kompass, der allen PS eigen war, fehlte. Weiter: Christoph Klimke war wohl ein verdienstvoller Rheinsberger Stadtschreiber, wir sind dankbar, dass er mit diesem Libretto Tucholsky ein Denkmal gesetzt hat. Aber er hat meiner Ansicht nach die Größe seiner Hauptfigur nicht verstanden. Ist das Gedichtchen Der Pfau wirklich Tucholskys entscheidendes Werk und nicht etwa Der Graben? Mein Lieblingspseudonym, der politische Kämpfer und Friedensfreund Ignaz Wrobel, war nur als Gegner von Rosa Luxemburg und Zielscheibe einer Kritik von Karl Kraus präsent, eine Verniedlichung, die an die misslungene Anthologie von Hermann Kesten in den 1950er Jahren erinnert.
Die kleine Hosenrolle des Melancholikers Kaspar Hauser ging fast ganz unter: schwere Versäumnisse. Dass Tucholskys Alter Ego am Schluss Tucholskys Spiegel anzünden sollte, wie ursprünglich im Libretto vorgesehen, war ein schwerer Fehle: das hätte Tucholsky-Freunde an die öffentliche Verbrennung von Tucholskys Büchern erinnert, vielleicht auch ans tragische Schicksal seiner ersten Ehefrau Else in Birkenau. Zum Glück wurde diese Idee fallengelassen. Aber es blieb am Schluss ein Antiklimax zurück. Bei Wagners Tannhäuser muss der Stab des Papstes Knospen bekommen; bei Faust I darf die Stimme von oben »ist gerettet« auch nicht fehlen. Hier blieb bei vielen Zuschauern ein Fragezeichen.
Trotz alledem: Dass 82 Jahre nach dem einsamen Tod in Schweden eine Oper über unseren Namenspatron gespielt wird, ist eine tolle Sache. »Ich bekomme recht, wenn’s mich nicht mehr gibt«, resümiert die Tucholsky-Gestalt. Matthus, Reynolds, die Sängerinnen und Sänger haben dafür gesorgt, dass Tucho recht bekommt. Es liegt an uns, das gleiche Ziel anzustreben.
Ian King
Emil Ludwig schrieb Romane, Dramen, Biographien, war Pazifist, Publizist, frühzeitiger Apostel der Vereinigten Staaten von Europa — er schrieb sogar eine Verfassung für dieses Gebilde. Nach Thomas Mann und Stefan Zweig war er der bekannteste deutsche Exil-Autor in den USA. Er verfasste Expertisen über die Behandlung Deutschlands nach der voraussehbaren Niederlage im Zweiten Weltkrieg, kannte und beriet Präsident Franklin Roosevelt . War nicht zuletzt Freund und Briefpartner Kurt Tucholskys , der Ludwigs ausgesprochene kritische Biographie vom Ex-Kaiser Wilhelm II. lobte.
Ein bedeutender Zeitgenosse — und ein heute fast vergessener Autor, an den Thomas F. Schneider und seine Mit-Verfasser durch diesen Essayband mit Recht erinnert haben. Nicht jeder Tote hat eine Witwe, die seine Schriften sammelt und herausgibt.
Der nach Themen, nicht chronologisch unterteilte Band befasst sich also mit Ludwigs Biographien und Dramen, seinen publizistischen Anbahnungen von Krieg und Moderne, seinen politischen Schriften in der Weimarer Republik — Benjamin Ziemanns Essay dürfte für Tucholsky-Freunde von besonderem Interesse sein — sowie mit Anmerkungen zu Charakter und Stil in den Biographien — darunter über Bismarck, Mussolini, Stalin und Hitler.
Ludwig war zweifellos Anhänger der Thomas Carlyle-These, dass die Geschichte von großen Männern gemacht werde, im Guten wie im Bösen. Dabei benutzte er Bismarck als Widersacher von Wilhelm II., enttarnte das Schauspielhafte des Kaisers, um durch Zerstörung einer reaktionären, überschätzten Legende die Republik indirekt zu stärken.
Ludwig zog den tschechischen Demokraten Thomas Masaryk allen Diktatoren vor und nicht nur deswegen, weil er wie Kurt Hiller und andere Exilschriftsteller in der Tschechoslowakei kurzfristig Zuflucht gefunden hatte und freundlich aufgenommen worden war. Im US-amerikanischen Exil benutzte er seinen hohen literarischen Ruf, um vor dem deutschen Gehorsam (Tucholsky nannte dies den »Untertanengeist«), dem Militarismus und den Rachegefühlen allzu vieler Landsleute zu warnen: Krieg gegen die Nazis sei nicht zu vermeiden und müsse gewonnen werden.
Diese Ideen eines besonders unreifen, bösen Nationalcharakters verleiteten ihn zum Vorschlag, sein geschlagenes Volk so lange unter Kuratel der Alliierten zu stellen,bis eine neue, vom Faschismus unverdorbene Generation erwachsen werden könnte. Helga Schreckenberger analysiert diese Exilschriften des aktiven Politikers Ludwig, der den klassenmäßigen Hintergrund der Nazis, die Herkunft vieler faschistischen Promis aus einem wild gewordenen Kleinbürgertum sowie die Verstrickung von Deutschlands Großindustriellen in die Massenverbrechen der Faschisten — kurz, den sozialen Charakter des NS-Regimes — wohl unterschätzt hat. Vom Marxismus blieb Ludwig unbeeindruckt. Dass es »die« Deutschen nie gab, sondern Täter, Mitläufer, Opfer und wenige Widerstandskämpfer — wollte er nicht wahrhaben.
Thomas Schneider selber hat einen einfühlsamen Essay (unter dem Titel Erfolg ohne Einfluss) verfasst, der an Tucholskys Formulierung »Ich habe Erfolg, aber keinerlei Wirkung« erinnert. Anders als unser Namenspatron hat Ludwig bei den Mächtigen antichambriert, statt sich nur als Anwalt der Getretenen zu fühlen. Aber Ludwig hat so wenig wie Tucholsky seine demokratischen Grundsätze verraten, zahlte dafür mit Exil und — nach 1945 in der Schweiz — mit unverdienter Nichtachtung.
Dabei waren beide überzeugte Antinationalisten und »gute Europäer«. Das wird bei unserer Tagung im Oktober zu hören sein, denn der Ludwig-Experte Schneider tritt als Referent auf.
Ian King
Unda Hörner, 1961 geboren, ist eine in Berlin lebende Schriftstellerin, deren reiches Oeuvre vor allem die Frauen zum Thema hat. In vielen ihrer Publikationen beschäftigt sie sich mit berühmten Frauen, aber auch mit den Lebensgefährtinnen berühmter Männer, Künstler, Maler und Schriftsteller.
In ihrem jüngsten Buch »Ohne Frauen geht es nicht« widmet sie sich Kurt Tucholsky und der Liebe. Liebe ist, so wissen wir ja, ein Gefühl, das auch vergehen kann, Verliebtheit eher der hoffnungsvolle Anfang einer möglichen Liebe. Somit hat Tucholsky geliebt (Mary Gerold), war aber hoffnungslos und oft verliebt.
Die Autorin zeigt auf 123 Seiten mit Fußnoten, einem ausführlichen Literatur-Verzeichnis das Leben und den beruflicher Werdegang des in der Weimarer Republik wohl meist gehassten Autoren auf. Sie beschreibt die nach ihrer Meinung wichtigsten fünf Frauen in Tucholskys Leben: Else Weil, Mary Gerold, Lisa Matthias, Gertrude Meyer und Hedwig Müller und stellt zu deren Kapiteln Fotos.
Die jeweiligen Verbindungen mit Tucholsky sind mit dem historischen Hintergrund und Tucholskys Lebensstationen gut recherchiert verwoben.
Dass zu diesen Frauen auch die Diven und Diseusen der Weimarer Zeit wie Claire Waldoff und Gussy Holl gehören, stellt Unda Hörner an den Anfang ihres Buches. Auch kommen die Kolleginnen im Zeitungsviertel Gabriele Tergit, Irmgard Keun und Vicki Baum zu Worte. Eine fehlt: Inga Melin, die Schwedin, die Tucholsky in seinem Exil in Hindas als deutsch-schwedische Sekretärin zur Seite stand. Er hat ihr einige Veröffentlichungen gewidmet. Nach eigenen Aussagen hat sie seinem Werben widerstanden.
Über seine erste Verlobte, Kitty Frankfurter, kann auch Hörner wenig mitteilen, von ihr ist nach wie vor wenig überliefert. Alle diese Frauen im Leben Tucholskys sehen ihn aus jeweils verschiedenen Blickwinkeln und haben unterschiedliche Erwartungen. Sie beschreiben ihn als gebildet, charmant, als sensibel, aber eben nicht als treu.
Das Buch liest sich flott, bleibt sachlich und ist mit vielen Zitaten auch unterhaltsam: Für alle, die das Beziehungsleben von Kurt Tucholsky im Zusammenhang kennen lernen und ein Zeitdokument erhalten wollen, ist es eine gute Lektüre.
Renate Bökenkamp
(Frage): Welche LiteraturkritikerInnen schätzen Sie am meisten? Für welche Qualitäten?
(Antwort): Tucholsky für seine Geradlinigkeit und seinen Humor
Hommage an Kurt Tucholsky
Schauspieler erinnern mit einer Revue an das Leben des Schriftstellers
Die Theatergruppe führt eine Hommage auf, in Erinnerung an die Anfänge, gemischt mit dem Biographical KurtT, das sie 2006 gespielt hat. Mit Songs und Texten aus der Feder des Berliner Journalisten und Satirikers erzählt das souverän agierende Ensemble aus seinem Leben. Seine Mutter kommt zu Wort, seine Frau Else Weil und auch seine Geliebte Mary Gerold. Mit der Marien-Kantorin Anna Somogyi am Flügel und der Sängerin Susanne Spitzmüller hat sich die Gruppe zwei hervorragende Musikerinnen als Verstärkung geholt. Ihre Interpretation des Gedichts Der Graben geht zu Herzen.
In Ossietzky Nr. 1, 7. Januar 2017, finden sich vor allem Nachrufe auf den am 15. Dezember 2016 verstorbenen Mitbegründer und Mitherausgeber Eckart Spoo, der auch unserer Gesellschaft ein steter Freund, hilfreicher Unterstützer und nimmermüder Ratgeber war.
Im Nachruf von Otto Köhler, zusammen mit dem leider auch bereits verstorbenen Lothar Kusche Träger des Kurt-Tucholsky-Preises 2013, heißt es auf S. 28 u. a.:
Wir von Ossietzky halten uns an das Beispiel, das Eckart Spoo uns gab, als er vor 19 Jahren schrieb: »Wir müssen wenigstens hinsehen. Möglichst genau hinsehen. Und uns erinnern. Dazu verpflichtet uns die Tradition, für die der Name Ossietzky steht.« In seinem Sinne verurteilte Eckart Spoo »das unverschämte Drängeln nach weltweiter militärischer ›Verantwortung‹« – dieses Orwell-Wort gab es damals schon, bevor dieser Bundespräsident Gauck es in den Mund nahm. Er verurteilte die »Aufmärsche gewalttätiger junger Nazis« vor allem in »Dresden« – damals jung, heute, zwanzig Jahre älter und noch gewalttätiger. Und auch daran hat sich nichts zum Besseren geändert: »der immer rabiatere Umgang mit Flüchtlingen wie mit den einheimischen Armen, das Ausräubern öffentlicher Einrichtungen, das Mitmachen der SPD, die sich bemüht, alles zu bestätigen, was Tucholsky einst bitter über sie geschrieben hat.«
Als die Bezirksverwaltung die seit mehr als hundert Jahren bestehende Bücherei in der Esmarchstraße schließen wollte, blieb es nicht bei Protesten. Stammbewohner und Zuzügler, Westler und Ostler besetzten die Bibliotheksräume, gründeten den Verein Pro Kiez als Träger und betreiben seit dem Sommer 2008 die Bibliothek ehrenamtlich. Das sagt sich so einfach, war aber mit einer Unzahl von Problemen und Konflikten verbunden; gesichert ist der Fortbestand der der Kurt-Tucholsky-Bibliothek bis heute nicht.
Auch das folgende Heft, Ossietzky Nr. 4, 18. Februar 2017, kommt nicht ohne unseren Namensgeber aus. Volker Bräutigam beginnt seinen kritischen Artikel über den Kanzlerkandidaten der SPD, Martin Schulz aus Würselen, in dessen Schatten sich nach Aussage von Schulz Aachen erst entwickeln konnte, unter der Überschrift »St. Martin und St. Michael« mit einem Tucholsky-Zitat:
Die SPD – Sie wissen schon, Tucholsky: die »Hier können Familien Kaffee kochen«-Partei – hat mit Martin Schulz wieder einen »Hoffnungsträger«. Das verkünden ihre Offiziellen, ohne rot zu werden, mit dieser Farbe haben es die Sozialdemokraten ohnehin nicht mehr so.
Die Merkhefte werden nunmehr von der Frölich & Kaufmann Verlag u. Versand GmbH aus Berlin in Kooperation mit der Zweitausendeins-Versand-Dienst GmbH, jetzt ansässig in Leipzig, herausgegeben und kostenlos verschickt.
Das aktuelle Merkheft Nr. 311 März/April 2017 ziert ein Hund mit einer zusammengefalteten Zeitung im Maul. Geworben wird damit schon auf der Titelseite für
Kurt Tucholsky
Bissiges über den Hund. Mit Illustrationen von Klaus Ensikat. Seite 6
Der Hund als Untergebener. Bissiges über Hunde und ihre Halter. Illustration von Klaus Ensikat.
Kaum ein Text Kurt Tucholskys rief bei seinen Lesern eine derart aufgebrachte Reaktion hervor wie sein satirischer Aufsatz Traktat über den Hund aus dem Jahr 1927. Auch in anderen Prosastücken, Feuilletons und Gedichten, die hier erstmals gesammelt vorliegen, hat sich der bekennende Katzenfreund Tucholsky humorvoll mit dem nicht immer unproblematischen Verhältnis zwischen Herrn und Hund auseinandergesetzt: »Es scheint wirklich so, dass die meisten Menschen hierzulande einen Hund nur deshalb besäßen, um noch einen unter sich zu haben.«
Auf der gleichen Seite wird noch folgendes Buch beworben. »Die komischen deutschen Erzähler«:Gerd Haffmans hat 119 Geschichten um die Wechselfälle des Lebens gruppiert und zum Lachen, Grinsen oder auch zu divertiertem Lippenkräuseln freigegeben. Geschichten u. a. von Wilhelm Busch, Heinz Erhardt, Franz Kafka, Erich Kästner, Mascha Kaléko, Loriot Thomas Mann, Harry Rowohlt, Kurt Tucholsky u.v.a.
Das ANALOGE muss sich radikalisieren.
»Die Dame« war in der Weimarer Republik eine revolutionäre Zeitschrift. Jetzt kommt sie zurück an den Kiosk. Nicht als Retro-Artefakt, sondern als Ausrufezeichen in der digitalen Welt.
Nun erscheint bei Springer eine Zeitschrift, die nicht nur gedruckt wird, sondern das auch noch besonders aufwendig. 1,5 Kilogramm wiegt sie, 292 Seiten hat sie, 15 Euro kostet sie. (…) Die Marke (…), die am 2. März an den Kiosk kommt, heißt Die Dame. Nicht irgendeine Dame, sondern eben Die Dame. Die Zeitschrift erschien zwischen 1912 und 1937 im Berliner Ullstein-Verlag. Für die Zeitschrift arbeiteten Autoren und Künstler wie Kurt Tucholsky, Hannah Höch, Tamara de Lempicka, Joachim Ringelnatz, Bertolt Brecht, Vicky Baum. Nach der Enteignung Ullsteins durch die Nazis ging die Zeitschrift an den »Deutschen Verlag«, wo sie bis 1943 erschien. Mit dem Frauenbild der Nazis hatte die Welt der Dame freilich nichts am eleganten Organzahut. Ein »Zentralorgan der Intelligenz der Weimarer Republik« nennt Christian Boros, Kunstsammler, Unternehmer und Herausgeber der neu aufgelegten Dame die Zeitschrift.
»Beim Barte des Proleten!« Da drückte mir doch im Umfeld der Tucholsky-Jahrestagung 2016 in Szczecin der Autor und Kabarettist Jürgen Klammer seine gleichnamige Dokumentation über die Berliner »Distel« in die Hand. Und die legte ich vor dem Auslesen nicht wieder aus derselben.
Liebe Mitglieder und Freunde der Kurt Tucholsky-Gesellschaft,
der neue Rundbrief Dezember 2016 ist erschienen. Sie können ihn hier (ohne Vereinsinterna) als pdf herunterladen.
Ausgewählte Beiträge sind zudem direkt als Einträge im Blog zu lesen:
[Presseschau] Tucholsky im Spiegel
[Pressemitteilung] Marc Reichwein in Jury berufen
[Ausschreibung] Kurt Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2017
[Nachruf] Lothar Kusche (1929-2016)
[Nachruf] Gisela May (1924-2016)
[Rezension] Rafael Cardoso: Das Vermächtnis der Seidenraupen
[Rezension] Bernhard Weck: Kurt Tucholsky (1890 -1935) »Schmerz über das Unrecht im Recht«
[Rezension] Distel – Beim Barte des Proleten
[Rezension] Petra Eisele, Annette Ludwig, Isabel Naegele: Futura. Die Schrift
[Originaltext] Theobald Tiger: Der Graben